TGV Duplex, TGV DASYE und Réseau-Duplex in Frankreich

TGV Duplex Nr. 232 in Marseille – 10/2000 © Andre Werske

TGV Duplex Nr. 232 in Marseille – 10/2000 © Andre Werske

TGV Duplex im Überblick

Mit dem TGV Duplex wagte die SNCF den Sprung zu einem doppelstöckigen TGV, dessen Wagen zwei Ebenen aufweisen, in denen die Fahrgäste untergebracht sind. Auffallend ist seine deutlich aerodynamischere Kopfform. Diese Baureihe war anfangs für die südlich von Paris liegenden Strecken gedacht, doch setzten sich die TGV Duplex auf allen innerfranzösischen Hauptstrecken mit hohem Verkehrsaufkommen durch. Es gibt noch besonders zusammengestellte Garnituren, die nachfolgend ebenfalls Erwähnung finden.

zum Anfang scrollen

Wozu ein Doppelstock-TGV?

Nach dem großen Erfolg des TGV-PSE und TGV-A mussten weitere Züge bestellt werden. Vor allem das hohe Passagieraufkommen auf der Südost-Linie verlangte nach einer Möglichkeit, soviel Fahrgäste wie möglich in einem Zug zu befördern. Noch enger als bisher schon konnte man die Sitze nicht mehr stellen, also gab es nur noch eine Lösung: Die Fahrgäste müssen übereinander Platz finden. Die führenden Personen der SNCF dachten schon länger an einen doppelstöckigen TGV, wussten aber nicht, ob der Zug mit zwei Etagen bei den Reisenden Anklang finden würde. So wurde bereits 1987 eine Machbarkeitsstudie für eine dritte TGV-Generation durchgeführt.

zum Anfang scrollen

Herstellung und Einsatz des TGV Duplex der 1. Generation

1. Bestellung – Juni 1991: 30 Züge

Zuerst stellte man im Depot in Le Landy mehrere Eins-zu-eins-Modelle her. Danach folgte 1990 der Umbau zweier TGV-PSE-Wagen, um zu sehen, wie die Doppelstock-Bauweise bei den Reisenden ankommen würde. Trotz der niedrigen Deckenhöhe von nur 1,94 Metern ging nach genügend positiver Resonanz im Juni 1991 eine Bestellung von 45 TGV-Duplex-Zügen an Alstom raus. Damals liefen sie noch unter der Produktbezeichnung „TGV 2N“ (2N: deux niveaux). 1993 reduzierte man rezessionsbedingt die Bestellung auf 30 Fahrzeuge, allerdings mit einer möglichen Option über weitere 55 Einheiten. Im Oktober 1991 begann man mit einem Versuchszug Erfahrungen mit den Doppelstockwagen bei Schnellfahrten zu sammeln. Diese Komposition bestand aus zwei Triebköpfen der Atlantique-Serie, einem einstöckigen sowie drei zweistöckigen Mittelwagen. Die erste echte TGV-Duplex-Garnitur wurde im Frühjahr 1995 an die SNCF abgeliefert. Es folgten technische Eignungstests und Untersuchungen zur Akzeptanz seitens der Fahrgäste. Seit Dezember 1996 befahren die TGV-Duplex-Züge der ersten Bestellung mit den Zugnummern 201 bis 230 in erster Linie die Neubaustrecke zwischen Paris und Lyon.

zum Anfang scrollen

Technik des TGV Duplex der 1. Generation

Mit dem Bau des TGV Duplex wagten sich die Ingenieure in technisches Neuland, wobei recht erhebliche Probleme entstanden. Wie schon erwähnt, lag die Deckenhöhe bei lediglich 1,94 Metern, woran sich die zukünftigen Fahrgäste aber nicht störten. Ein anderes Problem war, die Achslast von 17 Tonnen nicht zu überschreiten. Daher verwendete man wie beim deutschen ICE große Strangpressprofile aus Aluminium, die sogar leichter sind als die aus Stahl gefertigten Wagenkästen des TGV-A. Die Achswellen sind innen hohl und die Bremsscheiben leichter. Die Inneneinrichtung – speziell die Sitze – setzt sich ebenfalls aus leichten Materialien zusammen, um Gewicht zu sparen. Selbst die Isolierung der Kabel ist dünner geworden!

Kaum leichter zu lösen war die Aufgabe, die ganze Technik und die Versorgungsausrüstung für zwei Decks innerhalb des zulässigen Lichtraumprofiles unterzubringen. Unter den Wagen war nun kein Platz mehr vorhanden. Es blieb nur noch die Möglichkeit offen, den größten Teil der Ausrüstung in der unteren Ebene des zentral gelegenen Barwagens unterzubringen. Nur in der oberen Etage befinden sich Bar und Küche. Ebenso wurde die Klimaanlage erneuert und verbessert.

Im Vergleich zu den bisher gebauten TGV-Typen ging man bei der Gestaltung der Triebköpfe sichtbar neue Wege. Die deutlich rundlichere Form verdankt der Zug neuen Erkenntnissen in der Aerodynamik. Wegen häufigen Unfällen an Bahnübergängen musste die passive Sicherheit der Fahrgäste und des Fahrers erhöht werden. Somit weist der Duplex eine Knautschzone auf. Das weiterentwickelte Zugsicherungssystem TVM 430 ist schon ab Werk in den TGVs der dritten Generation eingebaut.

zum Anfang scrollen

Inneneinrichtung des TGV Duplex der 1. Generation

Trotz Doppelstockbauweise bietet ein TGV Duplex den Reisenden einen, für TGV-Verhältnisse, sehr hohen Komfort. Der komplette Zug ist druckertüchtigt und die Klimaanlage wurde verbessert. Dieser Zug ist sehr leise. Bei 300 km/h liegt die Lautstärke im Unterdeck bei lediglich 68 dB(A). Die Sitze sind sechs Kilogramm leichter als beim TGV-A. Die Rückenlehne lässt sich auch in der zweiten Klasse neigen. Alle Sitze sind auf die Fensterteilung ausgerichtet. Keinem Fahrgast wird mehr die Sicht nach Draußen durch eine Wand verwehrt. Bei Reihenbestuhlung sind die Sitze 920 mm weit auseinander, bei Vis-à-vis-Bestuhlung 1900 mm.

Neben jedem Gelenkportal befindet sich eine große Türe. Über einen Treppenaufgang erreichen die Fahrgäste das Oberdeck. Wer durch den Zug gehen möchte, muss über das Oberdeck von Wagen zu Wagen gehen. Im Bereich der Bar ist der Fußboden leicht abgesenkt, um mehr Bewegungsfreiraum zu bieten. Zu guter Letzt wurde mit einem Familienabteil im Wagen 6 und einem behindertengerechten Platz im Unterdeck im Wagen 1 auf alle Fahrgäste Rücksicht genommen. In dem doppelstöckigen, achtteiligen TGV Duplex können 516 Fahrgäste untergebracht werden. Vergleichsweise wenig Reisende finden dagegen im einstöckigen TGV-A Platz – nur 485 Reisende bei 10 Mittelwagen.

zum Anfang scrollen

2. Bestellung – Juli 1999: 12 Züge

Im Juli 1999 orderte die SNCF zwölf weitere TGV-Duplex-Züge. Die Ablieferung der Kompositionen mit den Zugnummern 231 bis 242 fand zwischen 2000 und 2002 statt. Haupteinsatzgebiet ist die Strecke von Paris nach Marseille bzw. nach Montpellier.

zum Anfang scrollen

3. Bestellung – Oktober 2000: 22 Züge

Im Oktober 2000 unterzeichneten die SNCF und Alstom einen Rahmenvertrag zur Herstellung von 82 Duplex-Zügen. Die Bestellung umfasste im ersten Schritt 22 TGV-Duplex-Züge (mit den Nummern 243 bis 264). Sie wurden ab Herbst 2002 auf Routen mit starkem Passagieraufkommen eingesetzt, so unter anderem auf der Relation Paris – Lille.

zum Anfang scrollen

4. Bestellung – Dezember 2001: 18 Züge

In den Jahren 2005 und 2006 wurden 18 Duplex-Garnituren gefertigt, deren Bestellung bereits im Dezember 2001 erfolgte. Sie tragen die Zugnummern 265 bis 282.

zum Anfang scrollen

5. Bestellung – Dezember 2003: 22 Züge

Eine Bestellung besonderer Art war der Einkauf von 7 TGV-Duplex-Zügen (wie gewohnt), sowie von 15 Doppelstock-Achtwagenkompositionen ohne Triebköpfe. Die Duplex-Mittelwagen erhielten dafür 30 gebrauchte TGV-Réseau-Triebköpfe. Diese 15 Doppelstock-TGV-Einheiten werden „TGV Réseau-Duplex“ genannt. Die Réseau-Mittelwagen ihrerseits wurden modernisiert und bekamen neu konstruierte Dreistromsystem-Triebköpfe im TGV-Duplex-Design und bildeten den TGV-POS-Fahrzeugbestand. Die Auslieferung der sieben „echten“ TGV Duplex mit den Nummern 283 bis 289 war für 2006 vorgesehen.

zum Anfang scrollen

6. Bestellung – Juli 2005: 28 Züge

Die SNCF hat im Juli 2005 beim TGV-Hersteller Alstom wieder Zugbestellungen aufgegeben. Konkret wurden 24 komplette TGV-Duplex-Züge geordert sowie vier Duplex-Züge ohne Triebköpfe. Diese wurden wieder mit TGV-Réseau-Triebköpfen versehen, sodass es nun 19 „TGV Réseau Duplex“ gibt. Die 28 Züge kamen zur Kapazitätssteigerung zwischen Paris und Marseille zum Einsatz. Damit handelte es sich um die letzte Option des im Oktober 2000 abgeschlossenen Vertrags über die Lieferung von bis zu 82 TGV Duplex.

zum Anfang scrollen

TGV Streckennetz

zum Anfang scrollen

TGV DASYE

Fortschritte auf technischem Gebiet ermöglichten nun die Konstruktion eines TGV Duplex der zweiten Generation. Deswegen handelt es sich bei den 24 TGV-Zügen, die im Juli 2005 bestellt wurden, um Duplex-Züge der 2. Generation. Sie laufen unter der Bezeichnung „TGV DASYE“. Dieses Kürzel steht für „Duplex-Asynchrone-ERTMS“ und beschreibt damit, dass die Triebköpfe mit Asynchronmotoren bestückt sind und das europäische Zugsicherungssystem ETCS installiert ist.

zum Anfang scrollen

7. Bestellung – Sommer 2007: 25 + 55 Züge

Im August 2007 war zu lesen, dass die SNCF ihre TGV-Duplex-Flotte erweitern möchte. Bis dato war die französische Staatsbahn im Besitz von 132 Duplex-Zügen. Nun sollten mindestens weitere 80 Garnituren beim Hersteller Alstom gefertigt werden. Das Aufstocken auf 212 Doppelstock-TGVs würde die SNCF 2,1 Milliarden Euro kosten. Eine Option für weitere 40 Züge sei vereinbart worden. Die Bestellung der 80 Züge von 2007 gliedert sich wie folgt auf: 25 TGV DASYE und 55 Euroduplex.

Die 25 TGV DASYE sind für den französischen Binnenverkehr bestimmt und kommen mit den zwei nationalen Stromsystemen von 25 kV 50Hz und 1,5 kV Gleichstrom zurecht. Alstom stellte die 25 TGVs der zweiten Duplex-Generation ab Sommer 2009 her. Sie wurden mittlerweile alle an die SNCF übergeben.

zum Anfang scrollen

Interne Links zum TGV Duplex

Technische Daten:
Zug- / Baureihenbezeichnung:TGV Duplex (1. Generation)
Serie 29000
Zugnummern: 201-289
Einsatzland:Frankreich
Hersteller:Alstom
Herstellungskosten pro Zug im Detail:Bestellung 1991: 17,8 Millionen Euro
Bestellung 1999: 19,1 Millionen Euro
Bestellung 2000: 19,8 Millionen Euro
Anzahl der Züge:89 Züge
Anzahl der Züge im Detail:Bestellung 06/1991: 30 Züge (201-230)
Bestellung 07/1999: 12 Züge (231-242)
Bestellung 10/2000: 22 Züge (243-264)
Bestellung 12/2001: 18 Züge (265-282)
Bestellung 12/2003:  7 Züge (283-289)
Zugtyp:Triebzug
Anzahl der Triebköpfe:2 Triebköpfe
Anzahl der Mittelwagen:8 Mittelwagen
Anzahl der Sitzplätze 1. / 2. Klasse / Restaurant:184 / 332 / --- (516 insg.)
Baujahre:1991–2007
Inbetriebnahme:Dezember 1996
Spurweite:1435 mm
Stromsystem(e):25 kV / 50 Hz
1,5 kV Gleichstrom
Zugleitsystem(e):TVM 430
KVB
Crocodile
Technisch zugelassene Höchstgeschwindigkeit:320 km/h
Höchstgeschwindigkeit im Plandienst:320 km/h
Motoren:8 Synchronmotoren
Antriebsleistung des Zuges:8.800 kW
Jakobsdrehgestelle:Ja
Neigetechnik:Nein
Zug fährt auch in Traktion:Ja
Anzahl der Achsen / davon angetrieben:26 / 8
Achsformel:Bo'Bo'+2'2'2'2'2'2'2'2'2'+Bo'Bo'
Federung:Luftfederung
Achslast (maximal):17 t
Leergewicht:380 t
Zuglänge:200,19 m

zum Anfang scrollen