Pendolino ED 250 PKP InterCity Premium in Polen
Gdańsk - International Railway Fair Trako 2013. – 26.09.2013 © Wikipedia: Travelarz (CC BY-SA 3.0)
Die Ausschreibung der Züge
Die Geschichte der Hochgeschwindigkeitszüge in Polen reicht zurück bis ins Jahr 1994, als das Verkehrsunternehmen PKP einen Pendolino der Serie ETR 460 des Herstellers Fiat Ferroviaria zu Gast hatte. Dieser verkürzte Zug erreichte bei einer Versuchsfahrt 250 Stundenkilometer. 1997 folgte die Ausschreibung von 16 Garnituren mit Neigetechnik und ein Jahr später erhielt Fiat Ferroviaria den Zuschlag. Doch der polnische Rechnungshof stellte sich quer: In Ermangelung einer Rentabilitätsstudie und geeigneter Infrastruktur musste der Vertrag 1999 wieder annulliert werden.[2]
Die nächste Ausschreibung von PKP Intercity erfolgte erst 2008. Obwohl sechs Bahnhersteller ihr Interesse bekundeten, reichte jedoch nur Alstom ein Angebot ein.[2] Am 30. Mai 2011 unterzeichneten das polnische Verkehrsunternehmen PKP Intercity und Alstom Transport einen 665 Millionen Euro schweren Vertrag zur Herstellung und Wartung von 20 Hochgeschwindigkeitszügen. Die siebenteiligen Garnituren basieren auf der Pendolino-Plattform, ihnen fehlt jedoch die namensgebende Neigetechnik.
Der lange Weg der Zulassung
Im April 2012 stellte Alstom den ersten polnischen Pendolino in Italien vor, im August 2013 in Breslau. Die zweite Einheit traf im Herbst des gleichen Jahres in Polen ein und die Testfahrten begannen. Ein Highlight war der Geschwindigkeitsrekord am 24. November 2013, als der Pendolino auf der sogenannten „Zentralen Eisenbahn-Magistrale“ (CMK) zwischen Warschau und Krakau 293 km/h erreichte.[2][3][6] Zwar wurden die Gleise und der Oberbau teilweise für hohe Geschwindigkeiten ertüchtigt, aber das neue Zugsicherungssystem ETCS Level 2 stand für den Betrieb nach Fahrplan nicht zur Verfügung. Entsprechend problematisch gestalteten sich die Versuchsfahrten und deren Genehmigungen. Alstom lieferte am 6. Mai 2014 die ersten acht Hochgeschwindigkeitszüge an PKP Intercity ab, konnte aber vor Ort keine Tests mit dem europäischen Zugsicherungssystem durchführen. Der Vorschlag, die Probefahrten nur mit dem polnischen Zugsicherungssystem SHP durchzuführen, hätte zur Anfechtung der Auftragsvergabe seitens der anderen Bahnproduzenten führen können. Also entschied man sich, die Zulassungsfahrten nur mit SHP und ETCS Level 1 zu absolvieren, natürlich mit der Prämisse, die Höchstgeschwindigkeit auf 200 Stundenkilometer zu begrenzen. Abnahmefahrten mit ETCS Level 2 sollten zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Es blieben schließlich nur noch 100 Tage für Testfahrten übrig, um eventuelle Kinderkrankheiten ausmerzen zu können.[2]
Betriebsbeginn mit neun Pendolini
Am 14. Dezember 2014 startete der „Express InterCity Premium“ mit lediglich neun Einheiten, obwohl Alstom bereits 15 Züge abgeliefert hatte. Es war also genügend Puffer für mögliche Ausfälle einkalkuliert worden. Mit Erleichterung konnte der Betreiber einen positiven Bericht aus dem ersten Betriebsmonat vorlegen: 92 Prozent der Kurse waren pünktlich. Zuerst kamen die Züge zwischen Warschau und Kattowitz bzw. Krakau sowie zwischen Warschau und Danzig und Gdingen zum Einsatz. Durchgehende Läufe gab es in Ermangelung weiterer Pendolini anfangs noch nicht. Ein Jahr später wurden Gleiwitz, Bielsko Biała und Rzeszów ans „Express InterCity Premium“-Netz angeschlossen.[2]
Wegen der Geschwindigkeitsbegrenzung auf 200 km/h fielen die Fahrzeitverkürzungen meist sehr dürftig aus. Eine Fahrt zwischen Warschau und Danzig beispielsweise dauerte zu Betriebsbeginn 2 Stunden 58 Minuten. 160 km/h schnelle Expresszüge brauchten in den Neunzigerjahren für diese Relation jedoch nur 20 Minuten mehr. Mit ETCS Level 2 sollen die Pendolino-Züge nur noch 2 Stunden 37 Minuten benötigen. Auf den Strecken Warschau – Krakau und Warschau – Kattowitz fällt die Bilanz noch düsterer aus. Im Vergleich zu den Fahrzeiten von vor 20 Jahren bringen die Hochgeschwindigkeitszüge nur müde 3 Minuten Fahrzeitgewinn ein. Mit spürbaren Fahrzeitverkürzungen ist erst zu rechnen, wenn die Züge ihre zulässige Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h ausfahren dürfen.[2]
Streckennetz
Technik der polnischen Pendolino-Züge
Die 20 siebenteiligen, rund 400 Millionen Euro teuren Garnituren mit der Baureihenbezeichnung ED250 basieren auf den Pendolino-Zügen des Typs ETR 610. Der Betreiber PKP InterCity verzichtete jedoch wie bereits erwähnt auf deren Neigetechnik. Alstom fertigte die Züge im italienischen Savigliano, die einzelnen Komponenten wurden an verschiedenen Standorten in Italien, Frankreich und Belgien hergestellt. Eine Komposition ist 187,4 Meter lang und 395,5 Tonnen schwer. Der verteilte Antrieb sorgt für eine Antriebsleistung von 5664 Kilowatt und kann den Zug auf 250 km/h beschleunigen.[2] Für grenzüberschreitende Einsätze erhielten die siebenteiligen Garnituren die Zugsicherungssysteme für Polen, Österreich, Tschechien und Deutschland. Außerdem kommen sie mit den Stromsystemen 3 kV Gleichstrom und den Wechselströmen 15 kV 16,7 Hz bzw. 25 kV 50 Hz zurecht.[1] Die polnischen Superzüge sind mit der Diagnosetechnik "TrainTracer" aus dem Hause Alstom ausgestattet. Über GPS werden die Züge lokalisiert und die Statusdaten der Fahrzeuge via Internet an das neue Wartungswerk in Warschau gesendet. TrainTracer erlaubt unter anderem die Live-Analyse der Daten, um Ausfällen frühzeitig zu begegnen sowie den Fahrer bei Problemen zu unterstützen.[4][4] Alstoms Software RAILSYS verwaltet die Instandhaltung durch Überprüfen der Komponenten auf Verschleiß.[2]
Komfort für die Fahrgäste
Im ED250 stehen 402 Sitzplätze[1] zur Verfügung. Die erste Klasse mit einer 2+1-Betuhlung (45 Plätze) beschränkt sich auf einen Endwagen. Drei Abteile mit jeweils vier Sitzplätzen sind für Eltern mit Kindern vorgesehen. Der Rest des Zuges zeichnet sich durch Plätze der zweiten Klasse mit 2+2-Bestuhlung in Großraumanordnung aus. Das Bistro fiel spartanisch aus – die Fahrgäste sollen lieber am Sitzplatz bedient werden. Der Reisekomfort ist ansonsten für polnische Verhältnisse ein Meilenstein. Sitzplätze wie im Flugzeug, individuelle Beleuchtung, Stromanschluss an jedem Platz, ein neues Fahrgastinformationssystem und ein niedriger Geräuschpegel sollen wieder Kunden in die Züge locken. WLAN wird den Reisenden erst später einmal zur Verfügung stehen.[2]
Zug- / Baureihenbezeichnung: | ED250 Express InterCity Premium (EIP) |
Einsatzland: | Polen |
Hersteller: | Alstom |
Herstellungskosten pro Zug: | 20 Mio. Euro |
Anzahl der Züge: | 20 Züge |
Zugtyp: | Triebwagenzug |
Anzahl der Mittelwagen: | 5 Mittelwagen |
Anzahl der Endwagen: | 2 Endwagen |
Anzahl der Sitzplätze 1. / 2. Klasse / Restaurant: | 45 / 355 / --- |
Sitzplätze im Detail: | plus 2 Plätze für Rollstuhlfahrer |
Baujahre: | 2011–2015 |
Inbetriebnahme: | 14.12.2014 |
Spurweite: | 1435 mm |
Stromsystem(e): | 3 kV DC 15 kV 16,7 Hz 25 kV 50 Hz |
Zugleitsystem(e): | SHP, Mirel (Polen) ETCS Level 1 und 2 (ERTMS) LZB, PZB (Deutschland) |
Höchstgeschwindigkeit bei Versuchsfahrten: | 293 km/h am 24.11.2013 auf der Strecke Warschau – Krakau |
Technisch zugelassene Höchstgeschwindigkeit: | 250 km/h |
Höchstgeschwindigkeit im Plandienst: | 200 km/h ( ohne ETCS Level 2 ) |
Antriebsleistung des Zuges: | 5.664 kW |
Beschleunigung des Zuges: | 0,49 m/s² |
Jakobsdrehgestelle: | Nein |
Neigetechnik: | Nein |
Länge / Breite / Höhe der Mittelwagen: | --- / 2830 / 4100 mm |
Länge / Breite / Höhe der Endwagen: | --- / 2830 / 4100 mm |
Achslast (maximal): | 17 t |
Leergewicht: | 395,5 t |
Zuglänge: | 187,4 m |
Quellenangaben
- „PKP Intercity signs Pendolino contract“, Railway Gazette International, 31.05.2011.
- Paweł Dydak: „Pendolino-Züge in Polen gestartet – Rennen gegen die Zeit“, Eisenbahn-Magazin, 03/2015, S. 44–47.
- „Express InterCity Premium“, Wikipedia-Artikel, abgerufen am 23.04.2016.
- „Alstom to provide Traintracer technology for Southeastern Networker trains“, Alstom Press Centre, 24.06.2010.
- Per Öster: „Intelligent Train Maintenance“, PDF von Alstom Transport, 11.05.2011.
- „Alstom train Pendolino broke the platform’s world speed record“, Alstom Press Center, 28.11.2013.