Gotthard-Basistunnel: Der längste Eisenbahntunnel der Welt

Oströhre des Gotthard-Basistunnels an der Multifunktionsstelle Faido. – 20.11.2014 © Wikipedia: Hannes Ortlieb

Oströhre des Gotthard-Basistunnels an der Multifunktionsstelle Faido. – 20.11.2014 © Wikipedia: Hannes Ortlieb (CC BY-SA 3.0 DE)

Der Gotthard-Basistunnel in der Übersicht

Tief unter den Schweizer Alpen entstand ab 1999 in knapp 17-jähriger Bauphase der längste Tunnel der Welt. Der 57 Kilometer lange Gotthard-Basistunnel (Abkürzung: GBT) beschleunigt seit dem 11. Dezember 2016 den internationalen Schienenverkehr durch die Schweiz. Täglich können bis zu 260 Güter- und 65 Personenzüge durch das Jahrhundertbauwerk rollen. Der Gotthard-Basistunnel ist für eine Geschwindigkeit von 250 km/h trassiert. Am 10. August 2023 entgleiste im GBT ein Güterzug auf Höhe der Multifunktionsstelle Faido, wobei ein rund acht Kilometer langer Abschnitt der Weströhre sowie eine Überleitstelle erheblichen Schaden nahmen. In der unbeschädigten, östlichen Tunnelröhre konnte der Güterverkehr nach 13 Tagen wieder aufgenommen werden. Der Personenverkehr war ab dem 29. September mit nur einigen wenigen Zügen, und nur an Wochenenden, möglich. Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2023 konnte die Anzahl von Personenzügen an Wochenenden gesteigert werden. Der vollständige Betrieb des Gotthard-Basistunnels wird ab dem 2. September 2024 wieder möglich sein.

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Die ersten Planungen für einen Tunnel unter dem Gotthardmassiv

Eduard Gruner war der erste, der einen Basistunnel für Autos und Züge durch das Gotthardmassiv konzipierte. Seine Idee präsentierte der Schweizer Ingenieur und Verkehrsplaner bereits im Jahr 1947, doch erst 1961 kam es zur Ausarbeitung des Projektes: Vorgesehen war ein 45 Kilometer langer Doppelspurtunnel für 200 km/h zwischen Amsteg und Giornico. Angetrieben vom starken Verkehrswachstum hatte der Basistunnel hohe Priorität. 1964 wurde jedoch ein Straßentunnel favorisiert, und praktisch ohne große Widerstände seitens der Bevölkerung ging dieser 1968 in Bau. Der Güterverkehr auf der Schiene war wegen der Rezession ab 1973 rückläufig. Daher rückte der Eisenbahntunnel unter dem Gotthardmassiv vorerst in den Hintergrund. Erst Ende 1988 kam der Stein wieder ins Rollen, und nach eingehenden Beratungen beschloss die Schweizer Regierung im Mai 1989 den Verlauf der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT). Neben dem Gotthard-Basistunnel sollte auch der Lötschberg-Basistunnel realisiert werden. Nach nochmaligen Planungsänderungen erfolgte am 4. November 1999 endlich der Anstich des Gotthard-Basistunnels. Mit dessen Fertigstellung wurde zwischen 2010 und 2012 gerechnet.[1]

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Die Realisierung des Gotthard-Basistunnels

Die vier Tunnelbohrmaschinen hießen Gabi 1, Gaby 2, Sissi und Heidi. Zu sehen ist der Kopf der Tunnelbohrmaschine S-210 ohne Schneidrollen. © 16.09.2006 Wikipedia-Autor Cooper.ch
Die vier Tunnelbohrmaschinen hießen Gabi 1, Gaby 2, Sissi und Heidi. Zu sehen ist der Kopf der Tunnelbohrmaschine S-210 (Sissi) ohne Schneidrollen. © 16.09.2006 Wikipedia-Autor Cooper.ch

Der Gotthard-Basistunnel besteht aus zwei 57 Kilometer langen Einspurröhren, die etwa 40 Meter auseinanderliegen[2] und in einer Höhe von 550 Metern über Normalnull durch die Bergkette führen.[3] Alle 325 Meter sind sie durch Querstollen miteinander verbunden.[2] Das komplette Tunnelsystem mit Querschlägen sowie Zugangs- und Belüftungsstollen umfasst insgesamt 153,5 Kilometer.[4] Die beiden Gleiswechselanlagen liegen bei Faido und Sedrun. Die Tunnelportale befinden sich in Bodio im Süden und Erstfeld im Norden. Zusätzlich kann man in Faido und Amsteg über Zugangsstollen zu den Gleisen gelangen. Vier Nothaltestellen mit Frischluft- und Fluchtröhren ermöglichen die Evakuierung über den Zugangsstollen Faido oder über die beiden Schächte in Sedrun. Anfallendes Tunnelwasser wird durch einen Kanal unterhalb des Tunnels nach außen geführt. Im Gotthard-Basistunnel könnten Temperaturen bis 50 Grad Celsius entstehen, doch die durchfahrenden Züge pressen die warme Luft hinaus und ziehen durch den Sog kühle Luft von außen hinein.[1][5] Die Betriebstemperatur soll so unterhalb der 40 Grad-Marke bleiben.[4] Mit Tunnelbohrmaschinen und Sprengungen wurden die Röhren von fünf Stellen vorangetrieben.[2] Die 24 Millionen Tonnen Gestein[3] (bzw. 28,2 Millionen Tonnen[6]) wurden als Betonzusatzstoff verwendet, in Senken und alten Steinbrüchen abgelagert, als Schotter verkauft und für Renaturierungsmaßnahmen genutzt. Am 15. Oktober 2010 wurde die Oströhre rund 27 Kilometer vom Nordportal durchgebrochen. Am 23. März 2011 war auch die Weströhre komplett durchgängig. Es folgten die Gleisverlegung und die Montage der Oberleitungen.[1]

Gotthard-Basistunnel: Schematischer Aufbau, Copyright: AlpTransit Gotthard AG

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Das Sicherheitskonzept des Gotthard-Basistunnels

Selbstverständlich wurde bei den Planungen und der Umsetzung viel Wert auf die Sicherheit im Tunnel gelegt. Das fängt bereits beim Rollmaterial an. Zum einen müssen die Züge das Zugsicherungssystem ETCS Level 2 verstehen, das im Tunnel Verwendung findet, zum anderen verbesserte Notlaufeigenschaften haben, um im Gefahrenfall bis zu einer der Nothalte weiterfahren zu können. Züge, die keine Zulassung für die Fahrt durch den Gotthard-Basistunnel haben, müssen stattdessen den bisherigen, höher gelegenen Scheiteltunnel nutzen. An den Zulaufstrecken erkennen Zugkontrolleinrichtungen frühzeitig Defekte bei den Zügen und stoppen diese bereits vor Einfahrt in den Tunnel. Sollte doch einmal ein Feuer im Zug ausbrechen, melden Sensoren im Zug bzw. im Tunnel dem Lokfahrer den Brand und er versucht, bis zur nächstgelegenen Nothaltestelle zu fahren. Das Zugpersonal erkennt an Warntönen und einem B im Display des Fahrgastinformationssystems, dass es brennt und lässt die Fahrgäste in die benachbarten Wagen evakuieren. Zeitgleich wird von der Leitstelle aus vom Normalbetrieb in den sogenannten Ereignisbetrieb umgeschaltet. Noch im Tunnel befindliche Züge müssen diesen so schnell wie möglich verlassen, andere dürfen nicht mehr hineinfahren. Einer oder mehrere der in Erstfeld oder Biasca betriebsbereit stehenden Lösch- und Rettungszüge setzen sich zum Ereignisort in Bewegung. Dafür sind maximal 45 Minuten vorgesehen. Die Tunnelbelüftungsanlage zieht den Rauch ab. In den Querschlägen wird ein Überdruck aufgebaut, um diese rauchfrei zu halten. An den Nothaltestellen werden die Fahrgäste in den Verbindungsstollen gebracht. Dort befinden sich Trinkwasser und diverse Rettungsmittel. Aus dem Regelbetrieb wird ein Zug entnommen und in die nicht betroffene Röhre geschickt, um die Fahrgäste aus dem Tunnel zu transportieren. Eine Evakuierung soll innerhalb von 90 Minuten abgeschlossen sein.[7]

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Neue Hochgeschwindigkeitszüge von Stadler

Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB schrieben erst 2012 neue Hochgeschwindigkeitszüge aus, vor allem um die betagten Cisalpino-Züge der Reihe ETR 470 zu ersetzen. Zugunsten der Zuverlässigkeit verzichtete man auf Neigetechnik.[8] Stadler gewann im Mai 2014 die Ausschreibung und stellte für 980 Millionen Franken 29 Hochgeschwindigkeitszüge her. Um den strengeren Auflagen für Züge, die 250 km/h oder schneller fahren, zu entkommen, dürfen die neuen, 200 Meter langen, 11-teiligen Züge mit nicht mehr als 249 km/h verkehren.[8] Weitere Informationen sind in einem gesonderten Artikel über den Giruno-Hochgeschwindigkeitszug zu finden.

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Aufrüstung bestehender Züge

Natürlich musste auch das bestehende Rollmaterial an die sicherheitstechnischen Bedingungen für die Durchfahrt durch den Gotthard-Basistunnel angepasst werden. Nicht nur die neuen Superzüge von Stadler sollten die neue Verbindung nutzen, sondern auch einige Hochgeschwindigkeitszüge vom Typ ETR 610 bzw. RABe 503 und 18 ICN-Kompositionen. 13 Loks der Serie Re 460, 119 IC-Wagen sowie Güterzuglokomotiven der SBB Cargo müssen das im Tunnel implementierte Zugbeeinflussungssystem ETCS Level 2 verstehen und die Brandschutzauflagen erfüllen.[9]

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Testfahrten im Gotthard-Basistunnel

Elektrolokomotive Re 460 © 10.10.2022 Wikipedia-Autor Alex Noble
Elektrolokomotive Re 460 © 10.10.2022 Wikipedia-Autor Alex Noble

Die ersten Testfahrten fanden ab Dezember 2013 auf einem 13,4 Kilometer langen Abschnitt zwischen dem Südportal Bodio und Faido statt. Für die Hochtastfahrten bis 230 km/h zog man die Elektrolok der Baureihe Re 460 heran. Auch der für 330 km/h zugelassene ICE-S spielte im November 2015 eine wichtige Rolle für Abnahmefahrten bis 275 km/h.[11] Erst im Januar 2016 folgten die Tests mit Güterzügen unterschiedlicher Bauformen.[12]Zwischenzeitlich stellte sich die berechtigte Frage, ob die Züge im Tunnel auch wirklich ihre Höchstgeschwindigkeit erreichen bzw. ihre maximalen Anhängelasten ziehen können – zusätzlich zu dem hohen Luftwiderstand in den Tunnelröhren. Dabei spielt das sogenannte Versperrungsmaß mit hinein. „Damit bezeichnet man das Verhältnis des Querschnitts des Zuges zum Querschnitt des Tunnels.“[13] Untersuchungen der SBB ergaben, dass die ETR 610 allenfalls im Gefälle 250 km/h erreichen würden; die Giruno-Hochgeschwindigkeitszüge kämen dagegen problemlos auf Tempo 250. Die für Güterzüge minimal zulässige Geschwindigkeit von 100 km/h sei bei maximal 1400 bzw. 1600 Tonnen Anhängelast problemlos erreichbar.[13] Testfahrten und Berechnungen zeigten, „dass der Querschnitt der GBT-Röhren von 41 bis 42 m2 für 200 km/h ausreicht. Für einen kommerziellen Betrieb mit 250 km/h wäre ein Querschnitt von etwa 60 m2 angemessen.“[14]

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Der Gotthard-Basistunnel im Betrieb

01.06.2016: Eröffnungsfeier und Vorlaufbetrieb

Der 1. Juni 2016 war ein großer Tag für die Schweiz. Mit einer Feier der Superlative wurde ein Ingenieursprojekt der Superlative eröffnet. Damit zeigte das Eisenbahn-affine Land seine Innovationskraft, Präzision und Zuverlässigkeit. Sonderfahrten, ein Rettungszug in Aktion, Besuche bei Wartungs- und Notfalleinrichtungen sowie Kultur- und Musik-Events waren einige der Highlights des Tages. Das Wichtigste war aber die Übergabe des Gotthard-Basistunnels an die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB). Am Wochenende des 4. und 5. Junis hatte die Öffentlichkeit die Gelegenheit, mit 200 km/h schnellen Zügen durch die 57 Kilometer langen Röhren zu fahren. Später gab es einen sogenannten „Gotthardino-Service“. Für 119 Euro (2. Klasse) bzw. 139 Euro (1. Klasse) konnte man mit dem Zug durch den Gotthard-Basistunnel fahren; zurück ging es dann über die Gotthard-Bergstrecke.[15] In den darauffolgenden sechs Monaten spulten die SBB ein ausführliches Testprogramm ab. Bis zum 14.11.2016 befuhren zirka 3200 Güter- und 450 Reisezüge die jeweils 57 Kilometer langen Röhren. Pro Stunde und Richtung konnten anfangs zwei Personenzüge und vier Güterzüge verkehren. Die Länge der Güterzüge war vorerst auf 620 Meter beschränkt. Nur wenige durften auch bis zu 750 Meter lang sein. Die Anhängelast schwankt wegen der unterschiedlichen Steigungswerte richtungsabhängig zwischen 1400 Tonnen nordwärts und 1600 Tonnen südwärts.[16]

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11.12.2016: Regelbetrieb nach Fahrplan

Mit dem Fahrplanwechsel am 11. Dezember 2016 ging der Gotthard-Basistunnel offiziell in Betrieb. Fast alle Güterzüge sowie alle hochwertigen Fernverkehrszüge nutzen seitdem den GBT. Für letztere verkürzte sich die Fahrzeit bei einer Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h um 38 Minuten im Vergleich zur Gotthard-Bergstrecke.[17] Obwohl der Tunnel für Temp 250 ausgelegt ist und mit dem ICE-S Abnahmefahrten bis 275 km/h erfolgten, hatte das Bundesamt für Verkehr nur eine Betriebsbewilligung für 200 Kilometer pro Stunde erteilt. Als Grund wurde angegeben, „dass es derzeit keinen Zug mit betrieblicher Zulassung für 250 km/h in der Schweiz gebe. Die Neigezüge ETR 610 und RABe 503 dürfen in der Schweiz nur mit 200 km/h fahren“.[18]

Am ersten Tag kam es bei einigen Zügen zu Verspätungen. Die Gründe waren eine technische Störung am Zug, und ein Güterzug blieb wegen einem Verbindungsabbruch zur ETCS-Streckenzentrale im Tunnel liegen und musste vom Lösch- und Rettungszug geborgen werden. In den folgenden Wochen verspäteten sich nahezu täglich einzelne ETR 610 (RABe 503) mit Eurocity-Leistungen zwischen 20 und 60 Minuten.[17][19] In den Wintermonaten 2016/2017 lag das Fahrgastaufkommen durchschnittlich bei rund 8800 Personen täglich. 70 Güterzüge pro Tag nutzten die neue Verbindung durch das Gotthardmassiv. Das bedeutet ein Plus von 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, als der Verkehr noch über die Bergstrecke abgewickelt wurde. Die Pünktlichkeit der Personenzüge lag bei knapp 87 Prozent.[20] 2019 wurde berichtet, dass werktags zwischen 130 und 160 Züge durch den längsten Eisenbahntunnel der Welt verkehrten, davon zwei Drittel Güterzüge – an Spitzentagen waren es bis zu 120 – und ein Drittel Personenzüge.[21]

„Nach der Pandemie im Jahr 2022 nahm der Gotthard-Reiseverkehr auf der Schiene stark zu, und zwar um 4000 zusätzliche Reisende pro Tag gegenüber 2016. […] Im Güterverkehr findet eine erkennbare Verlagerung von der Strasse auf die Schiene statt.“[22] Die Tunnelkapazität liegt bei bis zu 260 Güter- und 65 Personenzügen.[23] Zur Bewältigung der großen Verkehrsleistung ist der Gotthard-Basistunnel im Prinzip durchgehend geöffnet. Nur in den Nächten von Samstag auf Sonntag sowie Sonntag auf Montag wird je eine Tunnelröhre während 8 Stunden für Erhaltungsarbeiten gesperrt.[24]

Im Mai 2017 rollte der erste Giruno-Hochgeschwindigkeitszug (Serie RABe 501) aus den Werkshallen von Stadler. Es folgte ein umfassendes Versuchsprogramm. Am Osterwochenende 2018 konnte eine Garnitur im GBT 275 km/h erzielen, was wichtig war für die Zulassung für 250 km/h im Fahrgastbetrieb.[25] Dennoch dürfen auch mit Stand 2024 die Reisezüge nicht schneller als 230 km/h durch die beiden Tunnelröhren rollen.[24][26]

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Großer Schaden am Gotthard-Basistunnel durch Güterzug-Entgleisung

Der 10. August 2023 war ein schwarzer Tag für den GBT. Ein Güterzug mit 30 Wagen war auf dem Weg nach Mannheim und durchfuhr die Weströhre. Nach gut 10 Kilometern brach ein Teil der Radscheibe des elften Wagens ab. Auf den nächsten Kilometern lösten sich weitere Fragmente. Die Achse hing schräg und beschädigte die Trasse. Bei der Multifunktionsstelle Faido passierte der Zug mit 100 km/h die erste Schnellfahrweiche. Doch bei der zweiten riss der Zug auseinander. Die Wagen 14 bis 30 rollten auf den abzweigenden Teil der Weiche und krachten in das Spurwechseltor.[27]

Entgleister Güterzug im Gotthard-Basistunnel. © SBB CFF FFS
Entgleister Güterzug im Gotthard-Basistunnel. © SBB CFF FFS

Die feste Fahrbahn mit ihren Schienen und Schwellenblöcken wurde auf insgesamt 7,7 Kilometern Länge beschädigt. Ein Bild der Verwüstung bot vor allem die Multifunktionsstelle Faido mit ihren entgleisten Waggons. Zuerst musste der Unfallort gesäubert werden (beschädigtes Tor, entgleiste Wagen, verstreute Wagenladung). Erst ab Mitte Oktober konnte mit den Bauarbeiten begonnen werden. Die Betonfahrbahn wurde herausgefräst und neu aufgebaut, neue Schwellenblöcke verlegt und einbetoniert sowie neue Schienen montiert. Beide Schnellfahrweichen mussten neu hergestellt werden; ebenso das Spurwechseltor, das man temporär durch ein mobiles Tor ersetzte. Des Weiteren waren sicherheits- und betriebsrelevante Anlagenteile zu ersetzen. Die Arbeitsabläufe verliefen praktisch wie damals, als der Tunnel neu gebaut wurde. Die Arbeitsbedingungen sind unwirtlich: Staub und hohe Temperaturen von 35 bis 42 Grad Celsius verlangen viel von den Bauarbeitern ab. Niemand rechnete anfangs damit, dass die Instandsetzung der Unfallstelle so aufwendig und langwierig sein würde.[27][28][29]

SBB Cargo haftete als Frachtführerin für den Unfall.[30] Transwaggon, dem der Güterwagen mit dem gebrochenen Rad gehörte, sorgte dafür, dass alle Laufradsätze vom Typ BA 390 ausgetauscht wurden. Nun denkt man über das Installieren von Entgleisungsdetektoren nach, die den Zug in jenem Fall dann sofort abbremsen. Es stellt sich auch die Frage, warum sich die Weichenzunge trotz Verriegelung der Zunge unter dem Zug verstellen konnte.[27]

In der unbeschädigten Oströhre konnte der Güterverkehr nach 13 Tagen mit rund 90 Zügen pro Tag wieder aufgenommen werden.[31] Dem übrigen Schienenverkehr stand die Bergstrecke zur Verfügung. Der Personenverkehr war ab dem 29. September mit nur einigen wenigen Zügen, und dann auch nur an Wochenenden, möglich. Um so viele Fahrgäste wie möglich im Zug unterzubringen, setzte die SBB Doppelstockeinheiten mit bis zu 900 Sitzplätzen ein.[32] Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2023 steigerte man die Anzahl von Reisezügen an Wochenenden auf bis zu 31.[33] Ab März 2024 konnten noch mehr Güter- und Personenzüge den GBT nutzen.[34] Schließlich begannen die Testfahrten, danach der Probebetrieb. Der vollständige Betrieb des Gotthard-Basistunnels wird ab dem 2. September 2024 wieder möglich sein.[35][36]

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Hochgeschwindigkeitszüge in der Schweiz und im benachbarten Ausland

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Technische Daten des Tunnels[24]
Länge: 57 km[37]
Länge insgesamt inkl. Stollen und Ablufteinrichtungen: ca. 152 km[37] bzw. 153 km[2].
Felsüberlagerung: max. 2300 m[37]
Erster Hauptdurchschlag: 15.10.2010 um 14:17 Uhr in der Oströhre.
Abweichung: 8 cm horizontal, 1 cm vertikal.
Spurweite: 1435 mm
Max. Steigung bzw. Gefälle: 6,76 Promille
Signalsystem / Zugbeeinflussung: ETCS Level 2 + GSM-R
Stromsystem: 15 kV / 16.7 Hz AC
Max. Betriebsstrom: 2000 A, 15 Minuten
Dauer-Betriebsstrom außerhalb von Tunneln: 760 A
Fahrdrahthöhe: 5200–5400 mm
Zugelassene Wippenbreite der Stromabnehmer: 1450 und 1600 mm
Maximale Zuglänge Personenzüge: 420 m
Maximale Zuglänge Güterzüge: 620 m, 621–750 m: Gesonderte Anmeldung bei Trassenbestellung
Maximale Anhängelasten: 3200 t (+2 % Toleranz) bei Mehrfachtraktion
Maximale Lufttemperatur: 40 °C
Lufttemperatur im Jahresmittel: 35 °C
Maximale relative Luftfeuchtigkeit: 100%
Relative Luftfeuchtigkeit im Jahresmittel: 70%
Minimalgeschwindigkeit für alle Züge: 80 km/h
Regelgeschwindigkeit für Güterzüge: 100 km/h
Regelgeschwindigkeit für Reisezüge: 200 km/h
Maximalgeschwindigkeit für einzelne Reisezüge mit speziellen Eigenschaften im Verspätungsfall und freier Fahrt im Tunnel: 230 km/h
Güterzüge mit Radsatzlast ≤ 22,5 t: V(max) ≤ 100 km/h
Güterzüge mit Radsatzlast ≤ 20,0 t: V(max) ≤ 120 km/h
Reisezüge mit Radsatzlast ≤ 20,0 t: V(max) = 200 km/h
Reisezüge mit Radsatzlast ≤ 18,0 t: V(max) ≤ 230 km/h
Unterschreiten der ETCS-Vorgabe um 20 km/h: Alarmmeldung an die Leitzentrale

Quellenangaben

  1. Gotthard-Basistunnel“, Wikipedia, abgerufen am 24.04.2016.
  2. „Das große Bohren“, mobil, 06/2005, S. 8.
  3. „Gotthardtunnel – das 57-Kilometer-Technikwunder“, Die Welt, 12.10.2010.
  4. „Gotthard-Basistunnel: 17 Kilometer in einem Jahr“, Eisenbahn-Revue International, 03/2007, S. 121.
  5. „Gigantischer Sog bei Tempo 250 im Gotthard-Tunnel“, Die Welt, 11.04.2014.
  6. „Gotthard-Basistunnel“, AlpTransit Gotthard AG Website, abgerufen am 09.08.2015.
  7. „Der neue Gotthardtunnel“, Film: Gotthard Basistunnel, Website der SBB, aufgerufen am 24.04.2016.
  8. „SBB calls tenders for Gotthard high speed trains“, Railway Gazette International, 17.04.2012.
  9. „Stadler remporte le contrat des trains du Gotthard“, Rail Passion, N° 201, Juli 2014, S. 13.
  10. „SBB prepares for Gotthard base tunnel opening“, Railway Gazette International, 01.05.2015.
  11. „Bald erste Versuchsfahrten im Gotthard-Basistunnel“, Eisenbahn-Revue International, 12/2013, S. 625.
  12. „Gotthard Base Tunnel freight tests begin“, Railway Gazette International, 18.01.2016.
  13. „Fahrplanbetrieb trotz hohem Luftwiderstand im Gotthard-Basistunnel“, Eisenbahn-Revue International, 1/2017, S. 22–25.
  14. „Hochgeschwindigkeit im Gotthard-Basistunnel“, Eisenbahn-Revue International, 2/2017, S. 71.
  15. Murray Hughes: „National festival will mark Base Tunnel opening“, Railway Gazette International, 05/2016, S. 2.
  16. „Erfolgreicher Probebetrieb im Gotthard-Basistunnel“, Eisenbahn-Revue International, 1/2017, S. 26.
  17. „Start des Regelbetriebs im Gotthard-Basistunnel“, Eisenbahn-Revue International, 2/2017, S. 66–69.
  18. „Hochgeschwindigkeit im Gotthard-Basistunnel“, Eisenbahn-Revue International, 2/2017, S. 70–71.
  19. Güterzug-Panne im GBT wirft Fragen zum Sicherheitskonzept auf“, Eisenbahn-Revue International, 4/2017, S. 200.
  20. „Zwischenbilanz nach zwei Monaten GBT-Betrieb“, Eisenbahn-Revue International, 3/2017, S. 143.
  21. Bruno Arnold: „Der Betrieb des Basistunnels läuft stabil und sicher“, Luzerner Zeitung, 08.03.2019.
  22. „Gotthard-Basistunnel bewirkt deutliches Wachstum der Passagierzahlen bei der Bahn“, Der Bundesrat : Das Portal der Schweizer Regierung, 16.01.2024.
  23. „Die Fakten“ in: „Der Gotthard-Basistunnel“, Flyer von der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Bundesamt für Verkehr, 27.05.2015, S. 5.
  24. „Technische Bedingungen der Strecke und Anforderungen an das Rollmaterial des Gotthard-Basistunnels (GBT)“, SBB, Anhang 3.4.1B zum Network Statement (Anhang 2.4.1B ab Fahrplan 2022) Version 2.0 vom 10.08.2020.
  25. „SBB Giruno reaches 275 km/h in Gotthard Base Tunnel“, International Railway Journal, 03.04.2018.
  26. „Gotthard-Basistunnel: vollständige Wiederinbetriebnahme am 2. September 2024“, SBB/CFF/FFS, 01.07.2024.
  27. Video: „Unfall im Gotthard Basistunnel: Wie wird die Bahn sicherer?“, Doku von Einstein, SRF, 22.08.2024.
  28. „42 Grad und Enge: die schwierigen Arbeitsbedingungen im Tunnel“, SRF, 16.08.2023.
  29. „Schweiz: Bauarbeiten im Gotthard-Basistunnel verlaufen weiter nach Plan“, Lok-Report, 27.11.2023.
  30. „Bund: SBB Cargo haftet für Unfall im Gotthard-Basistunnel“, SRF, 27.08.2023.
  31. „90 Güterzüge pro Tag verkehren ab 23. August 2023 durch Gotthard-Basistunnel“, bahnonline.ch, 24.08.2023.
  32. „Passenger service resumes through Gotthard Base Tunnel“, Railway Gazette International, 09.10.2023.
  33. „Schweiz: Grössere Kapazitäten am Gotthard-Basistunnel für den Personenverkehr am Wochenende, für den Güterverkehr unter der Woche“, Lok-Report, 17.11.2023.
  34. „Schweiz: Reparaturarbeiten am Gotthard-Basistunnel dauern bis September“, Lok-Report, 07.02.2024.
  35. „Gotthard-Basistunnel: vollständige Wiederinbetriebnahme am 2. September 2024“, SBB/CFF/FFS, 01.07.2024.
  36. „Erste Züge fahren wieder durch die Weströhre des Gotthard-Basistunnels“, SBB/CFF/FFS, 19.08.2024.
  37. „Gotthard-Basistunnel“, AlpTransit Gotthard AG, Website abgerufen am 09.08.2015.