AVE Serie 100 Hochgeschwindigkeitszug in Spanien

AVE Serie 100 bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof von Sevilla Santa Justa. – 03.07.1996 © André Werske

AVE Serie 100 bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof von Sevilla Santa Justa. – 03.07.1996 © André Werske

1992 begann in Spanien das Hochgeschwindigkeitszeitalter. Die Eisenbahngesellschaft RENFE orderte beim französischen TGV-Hersteller GEC Alsthom 18 AVE-Züge, die vom TGV Atlantique abgeleitet wurden und viele Jahre lang auf der Schnellfahrstrecke Madrid – Sevilla ihren Dienst verrichteten. Im Jahr 2010 erhielten die fast baugleichen Euromed-Züge der Serie 101 Normalspurdrehgestelle. Damit wurden sie zur AVE-Flotte der Serie 100 hinzugefügt. Zehn der nun insgesamt 24 Garnituren lässt die RENFE für den internationalen Einsatz nach Frankreich vorbereiten. Entsprechende Testfahrten fanden bereits im Frühjahr 2013 auf französischem Terrain statt.

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Entwicklung der Serie 100

Anlass für die Einführung von Hochgeschwindigkeitszügen in Spanien war die Weltausstellung EXPO, die 1992 in Sevilla stattfand. Zwischen der Hauptstadt Madrid und dem andalusischen Sevilla benötigten die bisherigen Züge auf der alten, 574 Kilometer langen Hauptstrecke fast sechs Stunden. Diese Situation sollte bis 1992 durch eine Neubaustrecke erheblich verbessert werden. Dazu wurde eine Gesellschaft zur Verwaltung und Wartung der Neubaustrecke gegründet – die NAFA. Nach einer Planungs- und Bauzeit von lediglich viereinhalb Jahren ging am 19. April 1992 die 471 Kilometer lange Schnellfahrstrecke in Betrieb.

Nach der Einholung von Angeboten renommierter Bahnhersteller bestellte die RENFE recht kurzfristig 24 Hochgeschwindigkeitszüge beim französischen TGV-Hersteller GEC Alsthom. Die Produktion der vom TGV Atlantique abgeleiteten Hochgeschwindigkeitszüge begann erst 1990. Die ersten vier Einheiten und weitere acht Triebköpfe kamen komplett aus Frankreich. Alle übrigen Mittelwagen und weiteren Züge wurden in spanischen Werken von GEC Alstom und CAF gefertigt.

Ab August 1991 stand wenigstens ein kurzes Teilstück der Schnellfahrstrecke zur Verfügung. Drei AVE-Triebzüge wurden zwischen November 1991 und Anfang Februar 1992 aus Frankreich geliefert, fünf weitere folgten bis unmittelbar vor der Eröffnung. Bei Testfahrten mit der Garnitur Nummer 15 erreichte der AVE der Serie 100 einen neuen Rekord von 356,8 km/h.

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Die erste AVE-Generation im Einsatz

Der Fahrplan wirkte noch etwas provisorisch, war aber hauptsächlich auf die Bedürfnisse der EXPO-Besucher abgestimmt und wurde nach und nach auf zwölf Zugpaare erweitert. Dennoch war dieses Angebot auf der Neubaustrecke besser als das bisherige zwischen Madrid und Sevilla auf der 103 Kilometer längeren alten Strecke über den Despeñaperros-Pass. Für die laut Fahrplan zunächst vorgesehenen sechs AVE-Zugpaare wurden vier Triebzüge benötigt. Da jede Garnitur nur 200 Meter lang ist, können in beschränktem Umfang – wie in Frankreich üblich – Doppelgarnituren gefahren werden. Mindestens zwei Züge sollten in Reserve stehen. Im Laufe des Sommerfahrplans kamen noch drei lokbespannte Zugpaare hinzu, von denen eines die Relation Barcelona – Sevilla bediente. Loks der Baureihe 252 zogen Talgo-Einheiten mit Zweiradlaufwerken, die von der Neubaustrecke auf andere Strecken übergehen und ihre Fahrt zu weiter entfernten Zielen, etwa Málaga oder Cádiz, fortsetzen konnten.

Inzwischen war abzusehen, dass nicht alle 24 AVE der Serie 100 für die Relation Madrid – Sevilla benötigt wurden. Deswegen entschied sich die RENFE, die letzten sechs Garnituren mit Drehgestellen für die iberische Breitspur von 1668 Millimetern liefern zu lassen. Ab 1997 bildeten sie die Euromed-Flotte auf dem Mittelmeer-Korridor zwischen Barcelona und Valencia. Zuerst bekamen die Breitspur-AVE-Züge die Baureihennummer 100.1, kurze Zeit später die Nummer 101.

Der AVE wurde schnell zum Symbol für Geschwindigkeit und Pünktlichkeit. Auch der Service in den Zügen war und ist heute noch ausgesprochen hoch. Rund 20 Jahre lang waren alle 18 AVE S-100 im Einsatz. Ohne Zwischenstopp benötigte ein AVE für die 471 Kilometer lange Strecke von Madrid nach Sevilla lediglich 2 Stunden 15 Minuten! Für die Streckeneröffnung zwischen Madrid und Lleida wurden zwei AVE-Triebzüge von der Stammstrecke abgezogen. Als schließlich die Auslieferung der Serienfahrzeuge vom Typ Talgo 350 anrollten, bedienten sie wieder die Relation Madrid – Sevilla.

Nach umfangreichen Versuchsfahrten sind inzwischen auch einige AVE-Züge der Baureihe 100 für den Betrieb in Frankreich zugelassen. Seit dem 15. Dezember 2013 bietet die RENFE Direktverbindungen von Madrid nach Marseille sowie von Barcelona nach Toulouse und Lyon an. Für das Jahr 2014 werden rund eine Million Fahrgäste erwartet.

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Streckennetz AVE, Avant, Alvia, Avlo, iryo, Ouigo

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Technik der Triebzüge

Im Prinzip entspricht der AVE der Serie 100 dem TGV der zweiten Generation, gerade im Hinblick auf die technischen Elemente. Zwischen den beiden Triebköpfen mit jeweils maximal 4400 Kilowatt Antriebsleistung befinden sich jedoch nur acht statt zehn Mittelwagen. Dadurch ist der Zug in der Lage, auf der lang anhaltenden Steigung von Cordoba hinauf in die 600 Meter höher gelegene Sierra Morena wenigstens eine Geschwindigkeit von 250 km/h beizubehalten. Interessanterweise übernahm man nicht das in Frankreich übliche Zugbeeinflussungssystem TVM, sondern die deutsche Linienzugbeeinflussung (LZB). Das war sicherlich nur ein kleiner Trost für die deutsche Bahnindustrie, die nicht mit ihrem ICE gegenüber dem TGV punkten konnte. Lediglich die beiden Triebzüge 100-001 und 100-002 waren für das TVM-System vorbereitet und einer der beiden Garnituren soll bereits Mitte Dezember 1991 Testfahrten auf französischem Boden unternommen haben.

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Das Design der AVE-Züge

Modifizierungen im Außen- und Innenbereich lassen die spanischen Triebzüge ganz bewusst anders erscheinen als den französischen TGV. Auffallend ist die abgerunderte, aerodynamischere Kopfform aus der Feder einer katalanischen Design-Firma. Das AVE-Logo ist doppeldeutig, denn das Kürzel steht zum einen für das Wort „Hochgeschwindigkeitszug“ (Alta Velocidad Española), zum anderen ist „AVE“ das spanische Wort für „Vogel“, dargestellt durch zwei stilisierte Schwingen unter den Buchstaben.

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Der Komfort im AVE der Serie 100

Der Komfort des AVE wurde gegenüber dem des TGV spürbar angehoben, was besonders in der zweiten Klasse auffiel. Hier wurden pro Wagen 56 Polstersitze eingebaut. Das waren vier weniger als im TGV. Dadurch wuchs der Sitzabstand von 85 Zentimeter auf 91 Zentimeter, eine durchaus spürbare Verbesserung, wenn auch noch nicht auf damaligem ICE-1-Niveau mit 103 Zentimetern. Die Lehnen ließen sich allerdings nicht neigen. Für die erste Klasse wurden die Vorbilder aus dem TGV Atlantique übernommen. Als Vorzugsklasse (Preferente) wurde die Anordnung im Großraum mit dreizehn mal drei Sitzen pro Reihe bezeichnet (Sitzabstand: 96 Zentimeter) und als Club die Anordnung in halboffenen Abteilen mit Mittelgang. Die Abteillänge betrug 217 Zentimeter (ICE 1: 228 Zentimeter). Während sich in die gleich langen TGV der älteren Bauart bis zu 386 Fahrgäste zwängen mussten, waren im AVE-Triebzug insgesamt nur 329 Sitzplätze untergebracht.

Weitere Änderungen betrafen druckfeste Türdichtungen – denn allein im Gebirgsabschnitt besitzt die NBS 14 Tunnel –, die Anpassung der Klimaanlage und der Triebkopfbelüftung an die hohen Temperaturen in Südspanien sowie die Ausstattung aller Fahrgasträume mit einer Vielzahl von Monitoren. Der Cafeteria-Wagen, der die Touristenklasse von den beiden gehobenen Klassen trennt, entsprach im Prinzip dem des TGV-Atlantique mit Stehimbiss, jedoch wich die Anordnung ab.

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Modernisierung der AVE-Züge der Baureihe 100

2006 investierte die RENFE zirka 40 Millionen Euro, um die Flotte von 18 AVE-Zügen der ersten Generation im Fahrgastbereich komplett zu modernisieren. Das beinhaltete die Cafeteria, die Einrichtungen für Video, Internet und den Informationsservice sowie die Gepäckablagen und Anpassungen für mobilitätseingeschränkte Reisende. Auch die äußere Farbgebung passte man an die der neueren Fahrzeuggenerationen an. Die Modernisierung konnte im Sommer 2009 zum Abschluss gebracht werden.

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Technische Daten:
Zug- / Baureihenbezeichnung:AVE Serie 100
Einsatzland:Spanien
Hersteller:GEC Alsthom (heute: Alstom)
CAF, Sepsa, Stone Ibérica, u.A.
Anzahl der Züge:24 Züge
Anzahl der Züge im Detail:Bestellung 1989: 24 Züge
Von 1991 bis 2009: 18 Züge für Normalspur + 6 Züge für Breitspurstrecken
Seit 2010: 24 Züge (18 + 6 ex. Euromed der Serie 101)
Zugtyp:Triebzug
Anzahl der Triebköpfe:2 Triebköpfe
Anzahl der Mittelwagen:8 Mittelwagen
Anzahl der Sitzplätze 1. / 2. Klasse / Restaurant:116 / 213 / --- (329 insg.)
Baujahre:1992–1995
Inbetriebnahme:19.04.1992
Spurweite:1435 mm
Stromsystem(e):3 kV Gleichspannung
25 kV / 50 Hz Wechselspannung
Zugleitsystem(e):LZB 80, ASFA 200, ERTMS (9 Garnituren)
Höchstgeschwindigkeit bei Versuchsfahrten:356,8 km/h
am 23.04.1993 auf der Strecke SFS Madrid-Sevilla
Technisch zugelassene Höchstgeschwindigkeit:300 km/h
Höchstgeschwindigkeit im Plandienst:300 km/h
Motoren:8 Dreiphasen-Synchronmotoren
Antriebsleistung des Zuges:8.800 kW ( 8800 kW (25 kV)
5400 kW (3 kV) )
Anfahrzugkraft:440 kN
Jakobsdrehgestelle:Ja
Neigetechnik:Nein
Zug fährt auch in Traktion:Ja
Anzahl der Achsen / davon angetrieben:26 / 8
Federung:Luftfederung
Länge / Breite / Höhe der Triebköpfe:22.130 / 2814 / --- mm
Länge / Breite / Höhe der Mittelwagen:18.700 / 2904 / --- mm
Länge / Breite / Höhe der Endwagen:21.845 / --- / --- mm
Achslast (maximal):17.2 t
Leergewicht:393 t
Zuglänge:200,15 m

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