TGV V150 – Der schnellste Zug der Welt kommt aus Frankreich
Am Dienstag, den 3. April 2007 stellte der fünfteilige TGV-Versuchszug „TGV V150“ mit atemberaubenden 574,8 km/h einen Weltrekord für Schienenfahrzeuge auf.[1] Bis dato galt ein Weltrekord, der 17 Jahre Bestand hatte und ebenfalls auf französischem Boden stattfand. Die getunte TGV-Atlantique-Garnitur Nummer 325 erreichte am 18. Mai 1990 sagenhafte 515,3 km/h.[2] Doch warum wollten die französische Staatsbahn SNCF, der TGV-Hersteller Alstom und der Netzbetreiber RFF ihren eigenen Rekord von damals brechen? Wie verliefen die Testfahrten? Wie hoch ist der Aufwand, mit einem Hochgeschwindigkeitszug weit über 500 Stundenkilometer zu erreichen? Und welchen Nutzen brachte das Versuchsprogramm? Diese und andere Fragen werden in diesem Artikel beantwortet.
Wie das Projekt „TGV V150“ entstand
Anlass, über einen neuen Weltrekord nachzudenken, war der Bau des ersten Abschnitts der neuen Schnellfahrstrecke zwischen Paris und Straßburg, genauer gesagt, die 300 Kilometer lange Trasse zwischen Vaires östlich von Paris bis nach Baudrecourt. Die Idee reichte bis ins Jahr 2003 zurück, als sich der technische Leiter von Réseau Ferré de France (RFF), Alain Cuccaroni regelmäßig mit dem Ingenieur Christian Cathelin von der Staatsbahn SNCF traf, um die Konstruktion der Ligne à Grande Vitesse Est abzustimmen. Es galt, die Führungsriege zu überzeugen, dass es eine einmalige Gelegenheit sei, die Stärken des TGV-Systems nach 17 Jahren wieder eindrucksvoll ins Rampenlicht der Medien zu bringen. Im März 2005 feierte die SNCF den 50 Jahre zurückliegenden Weltrekord von 331 km/h, den die beiden Lokomotiven CC 7107 und BB 9004 aufstellten. Diese Festivitäten kamen bei der Bevölkerung gut an – ein neuer TGV-Geschwindigkeitsrekord würde das positive Bild perfekt abrunden. 2005 ließ sich der Vorstandsvorsitzende der SNCF, Guillaume Pepy überzeugen und nun galt es, Alstom als TGV-Hersteller mit ins Boot zu holen. Zuerst wollte man wieder die TGV-Atlantique-Einheit 325 heranziehen, die den Rekord im Jahr 1990 aufstellte, entschied sich aber schnell für Fahrzeuge der neuesten Generation, den TGV POS.[3]
Festsetzung der Höchstgeschwindigkeit
Computersimulationen ergaben, dass der neue TGV-Versuchszug maximal 530 km/h erreichen würde – nach rund 17 Jahren Erfahrungen im Hochgeschwindigkeitsbereich sowie erheblichen Fortschritten in der Technik wäre die Differenz zum damaligen Rekord jedoch völlig unbefriedigend gewesen. Übereinstimmend kam man zu dem Schluss, die 540 km/h-Marke anzupeilen, was 150 Meter pro Sekunde entspricht, also 25 km/h mehr als 1990. Das Projekt hatte hiermit einen Namen bekommen: „V150“.
Warum keine 600 km/h?
Zwischen den Weltrekorden von 1981 und 1990 lag eine Geschwindigkeitsdifferenz von 135,3 km/h. Warum peilte man nun lediglich eine Differenz von 25 km/h an? Nicht nur die Medien würden erwarten, dass es technisch inzwischen möglich sein müsste, 600 km/h zu erreichen, also rund 85 km/h mehr als 1990. 540 km/h bzw. 150 Meter pro Sekunde wären doch als Enttäuschung zu werten! Fakt ist, dass der neue Versuchszug genügend Leistung aufbringen würde, 600 Stundenkilometer zu erreichen. Auch die Gleise und der Unterbau sowie die Drehgestelltechnik seien nicht die limitierenden Elemente.
Zwei Faktoren erlaubten jedoch keine 600 km/h: die Oberleitung und das Chassis. Der Stromabnehmer drückt gegen den Fahrdraht und hebt ihn an. Das erzeugt eine Schwingungswelle. Ab einer bestimmten Geschwindigkeit wird die Welle eingeholt und der Kontakt zwischen Oberleitung und Stromabnehmer reißt ab. Im schlimmsten Fall kommt es zu mechanischen Beschädigungen an beiden Komponenten. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wellen kann durch die Erhöhung der mechanischen Spannung der Oberleitung gesteigert werden. Für den neuen Rekord wurde der Fahrdraht mit 4 statt 2,6 Tonnen abgespannt – dem maximal Möglichen –, was die Wellengeschwindigkeit auf 620 km/h heraufsetzte. Es wurde aber ein Sicherheitsabstand von 50 km/h eingefordert. Der TGV durfte also maximal 570 km/h erreichen. Der andere begrenzende Faktor ist die Außenhaut des Zuges. Der TGV ist schließlich kein Flugzeug, das die mechanischen Anforderungen der Luftfahrt erfüllen muss. Der Luftdruck bzw. Unterdruck wäre also zu stark und würde das Chassis beschädigen.[3]
Zusammensetzung der Crew
Es galt nun die Vorbereitungen auf den neuen Weltrekord für Schienenfahrzeuge so zügig wie möglich durchzuführen, denn in weniger als zwei Jahren sollte die neue Schnellfahrstrecke in Betrieb gehen. Zuvor mussten außerdem die TGV-POS-Züge und deren Fahrer Probeläufe absolvieren – ein wahrlich enges Zeitfenster für den „TGV V150“. Es wurden viele zu dem Projekt hinzugezogen, die bereits bei dem damaligen Weltrekord involviert waren. Man wollte von dem geballten Erfahrungsschatz der Ingenieure und leitenden Personen profitieren und diesen an die jüngere Generation weitergeben. Zu ihnen zählten unter anderem der leitende Ingenieur François Lacôte von Alstom sowie Alain Jeunesse, Daniel Beylot, Pierre Delfosse und Jacques Couvert von der SNCF.[3]
Anforderungen an die Strecke
Der geeignetste Streckenabschnitt
Der erste Schnellfahrstreckenabschnitt ist rund 300 Kilometer lang, aber nicht überall für die Rekordfahrt geeignet. Im Bereich der Ultra-Hochgeschwindigkeitsfahrten dürfen sich keine engen Bogenradien befinden. Außerdem wäre es von Vorteil, auf den letzten Kilometern ein Gefälle nutzen zu können, um noch ein paar Stundenkilometer mehr herausholen zu können. Es kristallisierte sich der Abschnitt vom Streckenkilometer 264 bis Kilometer 141 als das geeignetste Terrain heraus. Die ersten 60 Kilometer sind von starken Steigungen und Gefällen mit bis zu 35 Promille sowie weiten Bögen geprägt. Anschließend folgt ein längeres Gefälle, auf dem der TGV V150 voll beschleunigen konnte. Bei Streckenkilometer 191 war die Spitzengeschwindigkeit vorgesehen. Abschließend sollte der Hochgeschwindigkeitszug bis zum Kilometer 141[3] (140[4]) ausrollen und abbremsen. Auf über 70 Kilometern Länge würde der TGV mit mehr als 400 km/h fahren.[3]
Anpassung der Schienenüberhöhung
Trotz der großzügigen Bogenradien erforderten die hohen Geschwindigkeiten eine leichte Anpassung der Strecke. Bei elf Bögen mussten die Schienen stärker überhöht werden. Das bedeutet, dass der äußere Schienenstrang höher gelegt wurde als der innere, um die Fliehkräfte zu reduzieren. An manchen Stellen betrug die Differenz ganze 13 Zentimeter! Die Überhöhung erfolgte vom geraden Abschnitt in den Bogen hinein über einen Weg von 130 Metern, wobei der Anstieg parabolisch gestaltet war. Für 320 km/h sind das komfortable Werte. Bei 150 Metern pro Sekunde bedeutet es allerdings, dass der Zug in weniger als einer Sekunde gekippt wird. Das verursacht einen spürbaren Ruck. Dementsprechend gut müssen die Schlingerdämpfer an den Drehgestellen die auftretenden Kräfte kompensieren.[3]
Minimierung von Schotterflug
Ein weiterer Problemherd ist aufwirbelnder Schotter. Gerade mit dem ICE 3 hatte man in Frankreich bei Schnellfahrten von 300 km/h und höher mit Schotterflug unliebsame Erfahrungen machen müssen. Die Steine können den Unterboden und die Achsen beschädigen. Ein TGV ist jedoch auch unterflur sehr aerodynamisch; die TGV-Züge haben damit weniger ein Problem. Doch für den TGV V150 musste man zu Gegenmaßnahmen greifen. Akribisch entfernte man jeden herausragenden Stein. Alles wurde so plan wie möglich gestopft. Etwaige lose Steine würden durch einen schnell vorausfahrenden „Reinigungs-TGV“ noch ihre Lücken finden. Tatsächlich hatte man den Schotterflug sehr gut im Griff – er trat erst gar nicht auf. Balisen und andere Komponenten, die entlang der Strecke installiert sind, wurden für die Rekordfahrten nicht entfernt, so wie es 1990 der Fall war. Sie wurden stattdessen fixiert, sodass der starke Luftzug nichts abreißen konnte.[3]
Sensoren messen Kräfte auf Schienen, Schallemissionen und Seitenwind
Natürlich möchte man nicht einen Weltrekord aufstellen, nur um Prestigearbeit zu leisten, sondern auch um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Daher wurden entlang der Strecken viele Sensoren installiert, die beispielsweise die Kräfte maßen, die auf die Schienen einwirkten, wenn der TGV darüber raste. Auf Brücken installierte man Seismographen, um die Schwingungen zu messen, die der Luftdruck beim Unterfahren des Zuges verursachte. Windmesseinrichtungen waren notwendig, denn bei zu starkem Seitenwind verlagert sich der Druck zwischen Rad und Schiene. Im schlimmsten Fall hebt der Wind das vordere Drehgestell des führenden Triebkopfes aus dem Gleis oder die Kräfte zwischen Rad und Schiene verlagern sich auf nur noch einen Schienenstrang, was zum Brechen der Schiene führen kann. Bei Windgeschwindigkeiten von mehr als 60 km/h waren Schnellfahrten tabu. Erwähnenswert ist zudem die Installation von Sensoren zur Geräuschmessung. Tatsächlich muss der Lärm bei über 500 km/h erheblich sein. In einem Video von der Rekordfahrt hört sich der TGV V150 eher wie ein Flugzeug als wie ein Zug an.[3]
Anforderungen an den TGV V150 und seine Zusammenstellung
Maximierung der Antriebsleistung
Es lag nahe, die neu hergestellten Triebköpfe vom Typ TGV POS für den geplanten Weltrekord heranzuziehen und keinen „alten“ TGV Atlantique. Computerberechnungen zufolge war eine fünfteilige POS-Garnitur jedoch zu schwach, um trotz der starken Rampen schnell auf hohe Geschwindigkeiten zu kommen. Der TGV-Hersteller Alstom hatte aber bereits eine Lösung in petto. Es wurde dort an einem TGV-Nachfolger geforscht — einem Triebwagenzug, wie es beispielsweise der ICE 3 ist. Dieser hat keine Triebköpfe mehr, sondern die Motoren sind in Drehgestellen über den ganzen Zug verteilt untergebracht. Das Problem war nur, dass der AGV bislang nicht fertig designt war und die dafür notwendigen Motoren noch in den letzten Zügen der Entwicklung steckten. Alstom hielt es für vorteilhaft, zwischen die TGV-POS-Triebköpfe drei Doppelstockwagen vom Typ Duplex einzureihen. Das Untergeschoß des Barwagens würde sich ideal für die Unterbringung der Elektronik zur Versorgung der angetriebenen Drehgestelle eignen. Außerdem wollte man beweisen, dass auch Doppelstockwagen für sehr hohe Geschwindigkeiten geeignet sind.[3]
Der TGV V150 mit zwei TGV-POS-Triebköpfen und drei TGV-Duplex-Mittelwagen erwies sich als ein echtes Kraftpaket. Leider weichen die technischen Daten des Zuges je nach Quelle voneinander ab. Die Antriebsleistung wird mit 17.600 kW (= 8 Motoren à 1800 kW für beide Triebköpfe und 4 Motoren à 800 kW für beide AGV-Drehgestelle) wiedergegeben[1][3]. Im gleichen Buch wird eine Seite weiter die Gesamtantriebsleistung mit 19.600 kW angegeben (= 8 Motoren à 1950 kW für beide Triebköpfe und 4 Motoren à 1000 kW für beide AGV-Drehgestelle).[3] Auch die Gesamtlänge des Zuges variiert zwischen 106 m[1] und 107 m[3]. Beim Gesamtgewicht erscheinen in der Fachliteratur die Werte 265 t[3], 268 t[1] und 270 t[3].
Installation eines modifizierten Stromabnehmers
Im Regelbetrieb werden die TGV-Züge mit einer Oberleitungsspannung von 25.000 Volt versorgt. Die Stromstärke kann bis zu 800 Ampere betragen. Das entspricht einer Leistung von 20 Megawatt, wobei eine TGV-Garnitur bei 320 km/h zwischen 8 und 9,6 Megawatt verbraucht. Für den TGV V150 musste die Spannung in der Oberleitung allerdings auf 31 kV erhöht werden, um für die Spitzengeschwindigkeiten genügend Leistungsreserven bereitzustellen. Es beeindruckt ungemein, dass auf einer Fläche von der Hälfte eines Metrotickets eine Maximalleistung von fast 25 Megawatt vom Pantographen aus der Oberleitung gezogen werden kann. Berücksichtigt man dann noch die aerodynamischen Kräfte bei 540 km/h aufwärts, die mechanischen Schwingungen durch den Anpressdruck auf die Oberleitung sowie das Gegendrücken beim Passieren der Ausleger sowie das schnelle Zick-Zack der Fahrleitung über das Schleifstück des Stromabnehmers – dann wundert man sich nicht über die vielen Lichtbögen während der Rekordfahrten. Ein aktiv geregelter Pantograph der Bauart „CX 25“ mit Einfachschleifstück, der auf dem Triebkopf Nummer 1 installiert wurde, versorgte den kompletten Zug mit Energie. Die Bügel auf dem führenden Triebkopf Nummer 2 wurden aus aerodynamischen Gründen entfernt und der Dachgarten mit flachen Hauben abgedeckt. Überhaupt mussten die Ingenieure praktisch alle Unebenheiten und Lücken am TGV beseitigten. Das betraf vor allem die Wagenübergänge, Dach- und Frontpartien sowie den Unterboden.[3]
Einbau größerer Räder
Darüber hinaus mussten größere Räder eingebaut werden, damit bei gleicher Motorumdrehung mehr Weg zurückgelegt werden konnte. Die ab Werk eingebauten Räder mit einem Durchmesser von 920 Millimetern wichen denen mit 1092 Millimetern. Diese Maßnahme sorgte dafür, dass die Motoren innerhalb ihrer Spezifikationen drehen konnten. Bei 574,8 km/h waren das 5036 Umdrehungen pro Minute[3].
Sensoren überwachen den TGV V 150
Rund 400 Sensoren[3] (gemäß anderen Quellen 600 Sensoren[1] bzw. 650 Messpunkte[4]) überwachten so ziemlich alle Komponenten des fünfteiligen Zuges. Im Messwagen R8 bündelten sich die vielen Kabelstränge, da sich hier die Computer zur Auswertung und Aufzeichnung befanden. In erster Linie dienten die vielen Messpunkte der Qualitätssicherung, also um ein Maximum an Sicherheit während der Testfahrten zu garantieren. Scheiben, Räder, Achsen und die Motoren standen besonders im Fokus der Bordtechniker, weil sie extrem hohen Belastungen ausgesetzt waren. Im Obergeschoß des Barwagens R4 erörterte die Elite die Einsatzpläne des jeweiligen Tages. Der Doppelstockwagen R1 stand für wichtige Gäste und Journalisten zur Verfügung.[3]
Das Technicentre Est Européen als Basis
Innerhalb von nur neun Monaten wurde die Komposition in La Rochelle zusammengestellt und optimiert. Mitte Dezember 2006 war es endlich soweit, den fertigen TGV zum Technicentre Est Européen nach Paris zu überführen – der Basis für die kommenden Monate. Das Problem dabei: Durch die größeren Räder kam die Dachpartie so dicht an die Oberleitung heran, dass die Wagen mit einer isolierenden Plane abgedeckt werden mussten. Die Reise nach Paris verlief im Schneckentempo. Im Technicentre kümmerten sich die Techniker während der Nachtschichten um die Optimierung und anfallenden Reparaturen an der TGV-V150-Garnitur, damit sie für die Testfahrten unter Tage stets makellos zur Verfügung stand. Bereits bei der ersten Versuchsfahrt am 15. Januar 2007 kam es auf der LGV Est bei 160 km/h zu einem Transformatorbrand – eine herbe Enttäuschung! Der Transformatortausch war aufwendig und erst am 22. Januar konnte die nächste Hochtastfahrt erfolgen. An diesem Tag wurden 254 km/h erreicht.[3]
Ein wiederkehrender, minutiöser Programmablauf
Ausnahmslos alle Testfahrten wurden nach einem vorher ganz genau festgelegten Ablauf durchgeführt. Die Start- und Endpunkt waren immer gleich. Das Gleis Nummer 1 wurde stets von Ost nach West befahren — im Rechtsverkehr also, statt, wie in Frankreich üblich, im Linksverkehr.[3] Auch die Zone, in der die maximale Geschwindigkeit erreicht wurde, befand sich zwischen Streckenkilometer 195 und 191. Am Posten 195 wurde eine komplexe Messbasis aufgebaut, praktisch das Gegenstück zu dem mit Messinstrumenten vollgestopften TGV.[4]
Bevor der TGV V150 mit seiner Fahrt beginnen konnte, musste im Vornherein viel abgestimmt werden. Zuerst befuhr eine „normale“ TGV-POS-Garnitur mit der Nummer 4402 die Versuchsstrecke. Messinstrumente zeichneten den Zustand der Oberleitung und der Gleise auf. Diese Diagramme übergab man teils manuell[4], teils via Funk[3] den Verantwortlichen im V 150. Dort wurden die Aufzeichnungen visuell gesichtet und bewertet, um den neuen Geschwindigkeitsbereich festlegen zu können. Zeitgleich holte man den aktuellen Wetter- bzw. Windbericht für das Testgebiet ein. Zudem wurde die Verbindung mit dem Leitzentrum in Paris aufrecht erhalten, um auch von dort Direktiven zu erhalten.[4] Parallel dazu stimmten die Verantwortlichen im Führerstand 2 die Geschwindigkeitsdiagramme mit dem Fahrer ab. Nun fuhr der TGV 4402 als sogenannter „Reinigungs-TGV“ das Testgebiet mit bis zu 380 km/h ab, damit sich eventuell auffliegender Schotter in eine stabile Ruhelage bringen konnte. Außerdem verifizierte man, dass keine Hindernisse entlang der Strecke auftraten. Auch Straßenüberführungen mussten von der Polizei für den Autoverkehr gesperrt werden. Erst dann durfte sich die TGV-V150-Garnitur in Bewegung setzen.[4] Was den Fahrer der Versuchsgarnitur angeht – es gab deren zwei, nämlich Eric Pieczak als hauptverantwortlichen Fahrer und Patrick Widemann als zweiten Fahrer, falls Eric Pieczak aus gesundheitlichen Gründen ausfallen sollte. Meist abwechselnd durften sie den TGV V150 auf Touren bringen.[3]
Ein neues Außendesign für den TGV V150
Nicht nur der geplante Weltrekord sollte medienwirksam sein, auch das Design des „zusammengewürfelten“ Zuges musste zum Anlass passen. Die dunkelblauen, schmalen Streifen an den Seiten der Triebköpfe passten nicht zu den wesentlich breiteren, kräftig blauen Zierstreifen der Duplex-Mittelwagen. Es wurde daher eine Designfirma beauftragt, ein ansprechendes Design zu entwerfen, das jedermann gefallen sollte. Roger Tallon, der für das safran-orange Design des TGV im Jahr 1981 verantwortlich war, meinte damals, dass der TGV wie Metall ist, das im Weltraum fließt. Diesen Gedanken griff man auf und schließlich setzte sich der Vorschlag durch: ein Strom aus flüssigem Chrom im leeren Raum. Am 26. März wurde der fast komplett beklebte Zug der Öffentlichkeit präsentiert. Nur die Enden der Triebköpfe mussten frei bleiben, damit man eventuell entstehende Haarrisse rechtzeitig erkennen konnte.[3]
Rekordfahrten für die Techniker und Ingenieure: 559,4 km/h
Im Prinzip gab es mehrere Rekordfahrten als nur die eine am 3. April 2007. Der Ersatzfahrer Patrick Widemann erreichte beispielsweise seinen persönlichen Rekord am 19. Februar 2007, als er den Zug auf 544,8 km/h beschleunigte. Einen Tag später war die Rekordfahrt für die Ingenieure vorgesehen, die einen erheblichen Anteil am Projekt „V 150“ hatten, aber bisher nicht an Bord kommen konnten, denn sie mussten ihre Posten im Leitzentrum, im Technicentre oder entlang der Versuchsstrecke besetzen. 40 Techniker hatten jedoch an Bord ihren Aufgaben nachzugehen und erlebten sämtliche Schnellfahrten hautnah mit. An jenem Tag erreichte der Zug mit Eric Pieczak als Fahrer 559,4 km/h. Im März 2007 erfuhr Eric schließlich, dass er für die Weltrekordfahrt am 3. April 2007 auserwählt wurde.[3]
Vollbremsung aus 506 km/h
Am Mittwoch, den 28. März 2007, waren einige Medienvertreter eingeladen, eine Schnellfahrt mit über 500 km/h im TGV mitzuerleben. Gleichzeitig hatten sie Gelegenheit, Fragen zum Hochgeschwindigkeitsprogramm beantwortet zu bekommen. Das erlaubte ihnen, ihre Artikel für den Tag X, den 3. April 2007, vorbereiten zu können. Sie durften allerdings nicht vor diesem besonderen Tag mit ihren Informationen an die Öffentlichkeit gehen. Die Beschleunigungsphase verlief ganz nach Plan. Bei einer Geschwindigkeit von 506,2 km/h löste sich jedoch eine Plastikabdeckung von einem Messfühler am Drehgestell, zerschnitt ein Bauteil, das ins Gleisbett geschleudert wurde, dort abprallte und mit Wucht gegen eine Scheibe schlug – das Sicherheitsglas wurde von Rissen durchzogen, blieb aber dicht. Gleichzeitig setzte automatisch eine Vollbremsung ein. Noch nie zuvor erfolgte eine Schnellbremsung aus einer so hohen Geschwindigkeit. Kameras zeichneten das Zerfetzen der Abdeckung im Drehgestell auf, ebenso das immer heftiger werdende Glühen der Bremsscheiben, die sich auf bis zu 650°C erhitzten.[3][4] Der TGV V 150 musste vom Hilfs-TGV zurück ins Technicentre nach Paris geschleppt werden. In der folgenden Nacht reparierten die Techniker den Schaden, sodass der Versuchszug am nächsten Tag wieder uneingeschränkt zur Verfügung stand. Am jenem Donnerstag, den 29. März verlief die Testfahrt – ohne Medienpräsenz – überaus erfolgreich. Es wurde die zweithöchste Geschwindigkeit eingefahren, die der Zug je erreichte: 568,0 km/h. Jetzt sah man sich für die medienwirksame Weltrekordfahrt am 3. April 2007 gerüstet.[3]
3. April 2007: 574,8 km/h – Weltrekord auf Schienen
Der Tag X hing vor allem vom Wetter ab. Als sich am 1. April die Wettervorhersagen mit günstigen Bedingungen konkretisierten, setzte man DAS Event für den 3. April fest. Nationale und internationale Medien wurden zu dem bevorstehenden historischen Ereignis eingeladen. Dem Bahnhof Champagne-Ardenne kam eine besondere Bedeutung zu, denn dorthin sollte die Rekordfahrt live übertragen werden, um abschließend den Weltmeister mit Feierlichkeiten in Empfang zu nehmen. Zwölf Videokameras wurden an strategisch günstigen Punkten am und im Zug verteilt aufgestellt. Zehn Spezialantennen auf dem Dach sendeten die Videos in Bild und Ton an ein 10 Kilometer über dem TGV V150 fliegendes Flugzeug. Das seinerseits übertrug die Daten an einen Satelliten, um die Livebilder für die Fernsehsender bereitzustellen. Ein weiteres, 200 Meter über dem mindestens 300 km/h schnellen TGV schwebendes Flugzeug machte Aufnahmen aus der Vogelperspektive. Andere Kameras postierte man entlang der Zone, wo der Weltrekord aufgestellt werden würde. Dieser ungeheure Aufwand erforderte einige Tests vor dem großen Tag. Am 2. April fand die letzte Technikprobe bei 550 km/h statt, die Übertragungsqualität ließ jedoch bis zum Schluss zu wünschen übrig. Der Druck, eine höhere Geschwindigkeit als 568 km/h zu erreichen, war ausnehmend groß. Das Internet mit seinen viralen Effekten führte im Laufe der letzten Wochen und Tage dazu, dass auch große Zeitungsmedien den bisherigen Spitzenwert publizierten. Es wäre blamabel gewesen, beim großen Medienrummel hinter den Erwartungen aller zu bleiben und weniger als 568 km/h einzufahren. Die Anspannungen bei allen am Projekt V 150 Beteiligten waren in den letzten Stunden vor der Weltrekordfahrt deutlich zu spüren.[3]
Früh am Morgen des 3. April war der bevorstehende Weltrekord auf Schienen das Hauptthema in den Nachrichten. Journalisten und VIPs wurden am Bahnhof Paris Gare de l’Est mit dem TGV abgeholt. Insgesamt 62 Personen stiegen am Streckenkilometer 264 in den Star der Schiene um, die übrigen fuhren weiter bis zum Zielbahnhof Champagne-Ardenne TGV, dem Ort der Feierlichkeiten und wohin der Videostream live übertragen wurde. Entlang der Strecke sowie auf den Brücken hatten sich hunderte Schaulustige postiert, um das Spektakel so nah wie möglich miterleben zu können.[3]
Um 13 Uhr kam das Go für den Fahrer Eric Pieczak und der TGV V150 setzte sich in Bewegung. Millionen von Menschen verfolgten per Videoübertragung die Beschleunigung der Garnitur aus verschiedenen Blickwinkeln. Bei Kilometer 255,7 und 160 km/h senkte sich der Pantograph, um die Trennstelle zu passieren. Bei Kilometer 253,6 wurde der Stromabnehmer wieder angehoben und der Zug mit 31.000 Volt versorgt. Dank der enormen Antriebsleistung beschleunigte der TGV sehr schnell. Ab 300 km/h gesellte sich das Düsenflugzeug dazu, um Luftaufnahmen von der Garnitur zu ermöglichen. Als 331 km/h erreicht wurden, erinnerte man sich an die Weltrekordfahrt von 1955, bei 380 km/h an die des TGV von 1981. Nur gut 7 Minuten nach Abfahrt und nach 23,7 Kilometern wurde die 400-km/h-Marke übersprungen. Zwischen der Fahrleitung und der Schleifleiste des Stromabnehmers wurde bei so hohen Geschwindigkeiten die Luft ionisiert, Plasma entstand und dies sorgte für das heftige Blitzen am Pantographen. Immer wieder mussten Steigungen und Gefälle von 35 Promille bewältigt werden, weswegen eine kurze Zeit lang nicht mehr als 500 km/h möglich waren. Beim Streckenkilometer 219,3 erreicht der TGV V150 die 515,3 km/h-Marke – die Geschwindigkeit kletterte weiter. Der Weltrekord vom TGV Atlantique von 1990 war offiziell eingestellt. Mit knapp 533 km/h durchfuhr der TGV den Bahnhof Meuse. Nur wenige Sekunden später erfolgte der nächste Applaus. Das Tachometer zeigte 540 Stundenkilometer bzw. 150 Meter pro Sekunde an. Es verblieben nur noch 17 Kilometer, um den TGV weiter zu beschleunigen. Die bemerkenswerte Laufruhe des Zuges wurde von den Medien aufgegriffen. Lediglich beim Wechsel von der Geraden in einen Bogen und umgekehrt war ein leichter Ruck zu spüren. Der 569,5 km/h schnelle TGV V150 passierte die erste Kamera entlang der Strecke, die nicht nur den Zug, sondern auch die große Staubwolke, die er nach sich zog, in eindrucksvollen Bildern festhielt. Zudem war im hinteren Triebkopf eine Kamera installiert, die Anomalien aufzeichnen sollte und ebenso sehr beeindruckende Szenen aufzeichnete. Am Streckenkilometer 193,9 – um 13:13 Uhr und 40 Sekunden wurde schließlich die höchste Geschwindigkeit erreicht: 574,8 km/h. Damit erreichte Eric Pieczak das vorgegebene Ziel von 575 km/h um 0,2 km/h. Schneller durfte er aus Sicherheitsgründen nicht fahren. Er leitete den Bremsvorgang mit einer Verzögerung von 10 km/h pro Kilometer ein. Es folgte eine Schnellfahrweiche, die mit 560 km/h überfahren wurde – auch ein Weltrekord. Als sich der Beifall gelegt hatte, fanden kurze Interviews der leitenden Verantwortlichen von SNCF, RFF und Alstom statt, die ihre Emotionen nicht verhehlen konnten. Dabei wurde immer wieder die hervorragende Arbeit der Techniker hervorgehoben sowie derjenigen, die im Hintergrund zum Erfolg der Rekordfahrt beitrugen. Um kurz nach halb zwei rollte der TGV V150 im Bahnhof Champagne-Ardenne ein. Unter Jubelrufen wurden alle, die an Bord des Rekordzuges waren, euphorisch begrüßt. Um 14 Uhr hielt man die Pressekonferenz ab, die von 4,9 Millionen Fernsehzuschauern begleitet wurde. Um 16:30 Uhr endeten die Feierlichkeiten und mit einem TGV Réseau ging es schließlich wieder zurück nach Paris. Das Medienecho war grandios – nicht nur in Frankreich! Die Eisenbahn hatte wieder einmal eindrucksvoll bewiesen, dass sie sich im Wettbewerb gegenüber dem Auto und Flugzeug als ein sehr wohl zukunftsträchtiges Verkehrsmittel behaupten kann.[3]
Publikumsfahrten mit dem TGV V150
Zwischen dem 10. und 15. April fanden je zwei Hochgeschwindigkeits-Publikumsfahrten pro Tag statt, um zu zeigen, dass man den Geschwindigkeitsbereich um die 500 km/h sicher beherrschte. Insgesamt 750 Personen konnten sich ihre Nerven kitzeln lassen und bekamen nach der Fahrt eine Auszeichnung als „die schnellsten Bahnreisenden der Welt“ überreicht. Zwischen dem 20. Januar und dem 15. April 2007 wurden bei 41 Fahrten über 400 Stundenkilometer erreicht, bei 28 Fahrten über 500 km/h. Die Kilometer, die mit mehr als 500 km/h gefahren wurden, addierten sich auf insgesamt 728 Kilometer. Das entspricht in etwa der Distanz von Paris nach Marseille! Ein weiterer Rekord wurde am 13. April aufgestellt: der TGV V150 beschleunigte von 0 auf 519,1 km/h in nur rund 8 Minuten 36 Sekunden.[3]
Werbetournee
Am 13. Mai lief eine besondere PR-Aktion: Der führende Triebkopf sowie ein Mittelwagen des TGV V150 wurden auf der Seine in Paris öffentlich präsentiert. Anschließend wurde der Zug eine Woche in der Cité du Train von Mülhausen ausgestellt, danach war er bei einem Bahnfest in Straßburg zu besichtigen. Schließlich wurde er zu einer letzten Wochenend-Präsentation nach Belfort ins Werk von Alstom gebracht. Abschließend folgte der Transport nach Bischheim, wo die Triebköpfe von den Mittelwagen getrennt und wieder für den Alltag umgerüstet wurden.[3]
Der Nutzen des TGV-V150-Projektes
Das Versuchsprogramm „TGV V150“ hatte rund 30 Millionen Euro verschlungen. Doch die Investitionen seitens des französischen Bahnnetzbetreibers RFF, der französischen Staatsbahn SNCF und des Industriekonzerns Alstom hatten sich in vielerlei Hinsicht gelohnt. Es war das Ziel, die verschiedensten Komponenten des TGV Duplex sowie des AGV unter realen Bedingungen auf Herz und Nieren zu testen, wie es mit Hilfe von Computersimulationen bis dato nicht möglich war. Außerdem konnten Daten, die bislang nur am Computer simuliert wurden, bestätigt, korrigiert oder ergänzt werden. Das betraf die dynamische Stabilität des Zuges inklusive der Fahrgestelle, das Verhalten des Stromabnehmers und die Haftungsqualität zwischen Rad und Schiene. Besondere Aufmerksamkeit schenkte man den Asynchron-Fahrmotoren in den Triebköpfen sowie den Permanentmagnetmotoren in zwei Drehgestellen unter den Mittelwagen, die zu dem Zeitpunkt für den Automotrice Grande Vitesse in der Entwicklung waren. Des Weiteren wurde die Infrastruktur extremen Belastungen ausgesetzt, um den Wissensstand über die verwendeten Materialien und die Bahnnetzinfrastruktur zu ergänzen. Kurzum: Mit diesem aus den Testfahrten im Ultra-Hochgeschwindigkeitsbereich erworbenen Wissen wird es möglich sein, den Fahrkomfort künftiger TGV-Züge zu steigern, indem Vibrationen und schlingernde Bewegungen weiter reduziert werden. Auch wird eine Geschwindigkeitssteigerung bei gleichbleibender oder gar geringerer Geräuschentwicklung angestrebt. Außerdem sollen die Messwerte dazu beitragen, dass der Verschleiß zwischen Rad und Schiene gemindert werden kann, was zu einer Reduktion der Wartungs- und Instandhaltungskosten führen würde.[1]
Die Krönung ist natürlich der Prestigegewinn der drei Kooperationspartner. Es ist davon auszugehen, dass sich mehr Menschen für das Reisen mit der Eisenbahn entscheiden, weil sie von den Leistungen und der Sicherheit des TGV-Systems überzeugt wurden. Länder, die einen Schienenschnellverkehr planen oder diesen ausbauen möchten und auf der Suche nach einem bewährten Zugsystem sind könnten sich dank des Weltrekordes eher für das leistungsfähige TGV-System entscheiden. Man ging davon aus, dass bereits innerhalb kürzester Zeit die Gewinne die Unkosten des Versuchsprogramms amortisiert haben würden.
Wohin geht die Zukunft der schnellen Züge?
Knapp 11 Jahre sind seit dem Weltrekord auf Schienen vergangen, als dieser komplett neu geschriebene Artikel veröffentlicht wurde. Man kann also bereits auf 11 Jahre Zukunft zurückblicken. Der erste Abschnitt der neuen Schnellfahrstrecke durch Ostfrankreich wurde noch im gleichen Jahr in Betrieb genommen und führte zu einem erheblichen Fahrgastzuwachs auf den Verbindungen von Paris nach Luxemburg, Deutschland und in die Schweiz. Weitere Schnellfahrstrecken gingen in Betrieb und das TGV-Netz hat seit 2017 im Großen und Ganzen seine maximale Ausbaustufe erreicht. Von der damaligen Euphorie ist heutzutage leider kaum noch was zu spüren. Billigairlines und Fernbusse mit Dumpingpreisen setzten die SNCF finanziell stark unter Druck. Lowcost-TGVs à la „Ouigo“ sollten dem Fahrgastschwund Paroli bieten, doch das funktionierte bisher nur im begrenzten Maße. Das führt dazu, dass die TGV-Züge heute und auch in Zukunft nicht mit mehr als 320 km/h unterwegs sein werden – zu hoch ist der Verschleiß bei höheren Geschwindigkeiten, zu gering die Verkürzung der Reisezeit. Dem Nachfolger des TGV, dem Automotrice Grande Vitesse (AGV) blieb sein Einsatz in Frankreich bisher verwehrt. Die SNCF möchte keine 360 km/h schnellen einstöckigen Züge, sondern lieber „langsamere“, aber mit einem hohen Platzangebot. Die Zukunft gehört also dem TGV (Euro-)Duplex. Zudem soll der TGV-Fuhrpark von derzeit 400 Einheiten auf nur noch 300 Garnituren verschlankt werden. Das Ende für die TGV-Generationen PSE und Atlantique ist damit besiegelt. Ein weitgehend einheitlicher Fuhrpark soll die Wartungs- und Beschaffungskosten für Ersatzteile minimieren.[5]
Nicht nur in Frankreich, auch in anderen Ländern wie Spanien und Japan hat man sich gedanklich von Geschwindigkeiten im Regelbetrieb von 350 km/h und mehr verabschiedet. In Deutschland rollt bereits eine umfangreiche Flotte der vierten ICE-Generation an, deren Höchstgeschwindigkeit nicht einmal über 250 km/h hinaus geht und damit langsamer ist als die Serienzüge der ersten ICE-Generation von 1991! Einzig und allein China wird in neue Geschwindigkeitsregionen vorstoßen; zwischen 350 km/h und 380 km/h sind dort vorgesehen. Ob sich wieder ein Land daran wagen wird, einen neuen Weltrekord auf Schienen aufzustellen, ist mehr als fraglich. Die Franzosen haben die Messlatte so hoch gehängt, dass der Rekord von 2007 wohl noch auf Jahrzehnte hinaus Bestand haben wird.
Zug- / Baureihenbezeichnung: | TGV V150 (auch: „TGV V 150“ geschrieben): 1 Triebkopf „TGV-Est“ 3 Mittelwagen „TGV-Duplex“ mit teilweisem AGV-Antrieb 1 Triebkopf „TGV-Est“ |
Einsatzland: | Frankreich |
Hersteller: | Alstom |
Anzahl der Züge: | 1 Zug |
Zugtyp: | Triebzug |
Anzahl der Triebköpfe: | 2 Triebköpfe |
Anzahl der Mittelwagen: | 3 Mittelwagen |
Spurweite: | 1435 mm |
Höchstgeschwindigkeit bei Versuchsfahrten: | 574,8 km/h am 03.04.2007 auf der Strecke Baudrecourt – Paris laut [6]: 574,79 km/h |
Motoren: | 4 x asynchron + 4 x synchron + 4 x asynchron |
Antriebsleistung des Zuges: | 19.600 kW ( 4 x 1950 kW + 4 x 1000 kW + 4 x 1950 kW ) |
Jakobsdrehgestelle: | Ja |
Neigetechnik: | Nein |
Zug fährt auch in Traktion: | Ja |
Anzahl der Achsen / davon angetrieben: | 16 / 12 |
Achsformel: | Bo'Bo'+2'B'B'2+Bo'Bo' |
Federung: | Luftfederung |
Leergewicht: | 268 t |
Zuglänge: | 106 m |
Quellenangaben
- „Vom Hochgeschwindigkeitsprogramm zum Weltrekord“, Eisenbahn-Revue International, 06/2007, S. 274.
- „Der TGV läßt alle Konkurrenten weit hinter sich“, Eisenbahn und Modellbahn Magazin, 09/1990, S. 16.
- Philippe Mirville: „V 150 – Histoire d’un record du monde“, Timée-Éditions, mars 2008, 66, rue Escudier – 92100 Boulogne – France.
- „Le film du record du monde“, La passion des trains – la collection des images du patrimoine SNCF en DVD, Editions Atlas.
- „SNCF plans TGV efficiency drive to compete with air and bus“, Railway Gazette International, 11.01.2018.
- „Zug der Zeit – Wie die Mobilität von morgen Gestalt annimmt“, Complete mobility – Fakten, Trends, Stories, Siemens Mobility, Ausgabe 5, September 2010, S. 26.