Train à Grande Vitesse (TGV) – Hochgeschwindigkeitszüge in Frankreich
Die schnellsten Züge der Welt fahren in Frankreich. Der TGV (Train à Grande Vitesse = Hochgeschwindigkeitszug) ist der Erfolgszug schlechthin und genießt auch international hohes Ansehen. Mit dem TGV-PSE schrumpften ab 1981 die Reisezeiten zwischen Paris und dem Südosten Frankreichs beträchtlich. Schon damals preschten die ersten Züge mit 260 km/h über die Neubaustrecke. Die zweite TGV-Generation erblickte 1989 das Licht der Welt und eroberte mit bis zu 300 Stundenkilometern den Südwesten Frankreichs. Schon bald rollten die TGV-Réseau-Kompositionen für den landesweiten Einsatz an. Mitte der Neunziger konnte man auch nördlich von Paris schnell vorankommen. Für den internationalen Verkehr entstanden der Eurostar und die Thalys-Züge. Um dem immer größeren Passagieraufkommen Rechnung zu tragen, orderte die französische Bahngesellschaft SNCF Doppelstock-TGVs und verlängerte bis 2001 die Südost-Strecke bis Marseille. Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte des TGV war die Betriebsaufnahme des TGV-Est Européen am 10. Juni 2007. Im Februar 2008 stellte der TGV-Hersteller Alstom mit dem Automotrice Grande Vitesse die vierte Generation von Superzügen „Made in France“ vor.
Frankreich ist mit seinen TGV-Zügen das Land der Weltrekorde. Diese bezeugen die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des TGV-Hochgeschwindigkeitssystems:
- 26.02.1981: Ein TGV-PSE stellt mit 380,4 km/h einen Weltrekord auf Schienen auf.
- 18.05.1990: TGV-Atlantique Nr. 325 setzt die Messlatte hoch auf 515,3 km/h.
- 26.05.2001: Eine TGV-Réseau-Einheit legt eine Distanz von 1067 Kilometern in nur 3 Stunden 29 Minuten zurück. Die Durchschnittsgeschwindigkeit lag bei 305 km/h.
- 03.04.2007: Ein Zugverbund aus zwei TGV-Est-Triebköpfen und drei TGV-Duplex-Mittelwagen bringt auf der noch nicht eröffneten Neubaustrecke Paris – Ostfrankreich mit 574,8 km/h die monatelangen Versuchsfahrten zu einem krönenden Abschluss.
Es folgt nun eine kurze Themenübersicht:
Rekord-Geschwindigkeit: 430 km/h – in Betrieb von: 07.06.1969 bis 1974
Nicht mit dem TGV, sondern mit dem Aérotrain fing das Schnellbahn-Zeitalter in den Sechzigerjahren in Frankreich an. Die verschiedenen Prototypen wurden mit Hilfe von Luftkissen angehoben und schwebten über eine spezielle Fahrbahn mit einer Mittelschiene. Für die Beschleunigung sorgten Propeller- und Düsenantriebe. Der Lärm und Schadstoffausstoß waren beträchtlich. Auch wegen der Inkompatibilität mit dem bestehenden Schienennetz setzte sich dieses Zugsystem nie durch. In den USA gab es kurzzeitig einen Verwandten des Aérotrain, der ebenfalls Mitte der Siebzigerjahre beerdigt wurde.
Rekord-Geschwindigkeit: 318 km/h – Baujahr: von 1969 bis 1972
Im Jahre 1969 begann die Entwicklung eines aerodynamischen Experimentalzuges, der drei Jahre später als TGV 001 ausgeliefert wurde. Gasturbinen beschleunigten den Prototyp auf über 300 km/h. Herausragend war seine Gliederzugbauweise, die für alle nachfolgenden TGV-Generationen charakteristisch ist. Wegen der Ölkrise 1974 ging der Zug aber nicht so in Serie.
Rekord-Geschwindigkeit: 380.4 km/h – Inbetriebnahme: 27.09.1981
Insgesamt 107 Hochgeschwindigkeitszüge der ersten Generation wurden von GEC Alsthom in Frankreich hergestellt. Ein Zug erreichte am 26. Februar 1981 bei Testfahrten auf der ersten Schnellfahrstrecke Frankreichs 380,4 km/h. Das war Weltrekord! Noch im gleichen Jahr begann der kommerzielle Betrieb von Paris nach Lyon mit Tempo 260. Die Höchstgeschwindigkeit konnte später auf 270 bzw. sogar auf 300 km/h angehoben werden. Weil die auffällig orangen Züge südöstlich von Paris im Einsatz waren, gab man ihnen den Namen TGV Sud-Est (TGV SE) bzw. TGV Paris-Sud-Est (TGV PSE). Es gab acht Dreisystem-Garnituren für den Verkehr in die Schweiz. Manche TGV-Züge der ersten Serie bewältigten besonders lange Laufleistungen, zum Beispiel von Marseille nach Bruxelles. Zwischen 2013 und 2021 musterte die SNCF ihre TGV-PSE-Flotte sukzessive aus. Der komplette Weltrekord-TGV blieb der Nachwelt als Museumsfahrzeug erhalten.
Rekord-Geschwindigkeit: 515.3 km/h – Inbetriebnahme: 24.09.1989
1989 rollte die zweite TGV-Generation für den Einsatz im Westen Frankreichs an. Der TGV Atlantique erreicht auf der Schnellfahrstrecke zwischen Paris und Le Mans bzw. Tours 300 Stundenkilometer. Sein Terrain endet an der französisch-spanischen Grenze. 1990 unternahm die Staatsbahn SNCF umfangreiche Versuchsfahrten mit der Garnitur 325. Dabei erreichte der getunte Hochgeschwindigkeitszug am 18. Mai 1990 eine bis dato unerreichte Geschwindigkeit von 515,3 km/h. Dieser Weltrekord hatte 16 Jahre Bestand!
Rekord-Geschwindigkeit: 356.8 km/h – Inbetriebnahme: 19.04.1992
1992 begann in Spanien das Hochgeschwindigkeitszeitalter. Die Eisenbahngesellschaft RENFE orderte beim französischen TGV-Hersteller GEC Alsthom 18 AVE-Züge, die vom TGV Atlantique abgeleitet wurden und viele Jahre lang auf der Schnellfahrstrecke Madrid – Sevilla ihren Dienst verrichteten. Im Jahr 2010 erhielten die fast baugleichen Euromed-Züge der Serie 101 Normalspurdrehgestelle. Damit wurden sie zur AVE-Flotte der Serie 100 hinzugefügt. Zehn der nun insgesamt 24 Garnituren ließ die RENFE für den internationalen Einsatz nach Frankreich vorbereiten. Ab Dezember 2013 gab es Direktverbindungen nach Marseille, Toulouse und Lyon. Inzwischen sind zwei Einheiten außer Betrieb gesetzt worden.
Zugelassene Höchstgeschwindigkeit: 320 km/h – Baujahr: von 1991 bis 1993
Der TGV Réseau ist eine technisch weiterentwickelte Version des TGV Atlantique und kann – wie der Name andeutet – auf dem gesamten französischen Netz eingesetzt werden. 1993 gingen die ersten ausgelieferten Züge an den Start. Später zählten auch Brüssel und Mailand zu den Destinationen des TGV-R. Im Mai 2001 stellte der TGV Réseau 531 einen Langstreckenrekord auf. Für die Distanz von 1067 Kilometer benötigte der Zug nur dreieinhalb Stunden Fahrzeit.
Rekord-Geschwindigkeit: 334.7 km/h – Inbetriebnahme: 14.11.1994
Für die Unterquerung des Ärmelkanals zwischen Frankreich und England wurde in Gemeinschaftsarbeit der Eurostar entwickelt. Diese 31+7 Hochgeschwindigkeitszüge sind technisch äußerst komplex, denn sie müssen die hohen Sicherheitsbestimmungen für die Eurotunnel-Durchfahrt erfüllen sowie mit den Strom- und Signalsystemen in Frankreich, Belgien und Großbritannien zurechtkommen. 1994 startete der kommerzielle Betrieb der ersten internationalen Hochgeschwindigkeitszüge Europas. Das Passagieraufkommen fiel allerdings deutlich geringer aus als prognostiziert, weshalb mit Stand 2022 nur noch 11 achtzehnteilige Einheiten im Betrieb sind.
Zugelassene Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h – Inbetriebnahme: 1995
Ab 1991 stellte Fiat Ferroviaria 10 Pendolini der zweiten Generation her. Sie erhielten die Baureihennummer ETR 460. Eine deutlich verbesserte, komplett unterflur angeordnete Neigetechnik erlaubt mehr Raum für die Reisenden. Die Betriebsaufnahme erfolgte ab 1995. Drei Garnituren wurden 1996 mit einer Zweisystem-Ausrüstung für den Frankreich-Einsatz ausgerüstet und fortan als ETR 463 geführt. Heute sind alle 10 Einheiten als Frecciabianca ausschließlich in Italien unterwegs.
Zugelassene Höchstgeschwindigkeit: 320 km/h – Inbetriebnahme: 02.06.1996
Die internationale Bahngesellschaft Thalys beschaffte 10 Thalys PBA-Garnituren. Diese Züge sind technisch mit den Dreisystem-TGV-Réseau-Zügen identisch, müssen aber niederländische Sicherheitsbestimmungen erfüllen. Da es ein internationaler Zug und eine internationale Bahngesellschaft der Betreiber ist, bekamen die 10 Einheiten den Namen „Thalys“. Die Züge verbinden Paris, Brüssel und Amsterdam miteinander, weshalb man die Anfangsbuchstaben dieser drei Städte an den Namen anfügte – Thalys PBA.
Zugelassene Höchstgeschwindigkeit: 320 km/h – Inbetriebnahme: Dezember 1996
Mit dem TGV Duplex wagte die SNCF den Sprung zu einem doppelstöckigen TGV, dessen Wagen zwei Ebenen aufweisen, in denen die Fahrgäste untergebracht sind. Auffallend ist seine deutlich aerodynamischere Kopfform. Diese Baureihe war anfangs für die südlich von Paris liegenden Strecken gedacht, doch setzten sich die TGV Duplex auf allen innerfranzösischen Hauptstrecken mit hohem Verkehrsaufkommen durch. Es gibt noch besonders zusammengestellte Garnituren, die ebenfalls Erwähnung finden.
Zugelassene Höchstgeschwindigkeit: 300 km/h – Inbetriebnahme: 14.12.1997
17 Viersystem-TGV-Züge wurden für den internationalen Hochgeschwindigkeitsverkehr von Paris nach Brüssel, Köln und Amsterdam beschafft. Betriebsaufnahme war Ende 1997. Mit den Jahren dehnte sich das Einsatzgebiet bis nach Dortmund, Ostende, Bordeaux, Marseille und Bourg-St-Maurice aus. Bereits zweimal wurde das Interieur modernisiert. Ab 2023 wird die Marke Thalys durch Eurostar ersetzt.
In diesem Artikel wird über spezielle ICE-Züge: Für den Export nach Fernost stellten Siemens und Alstom den Eurotrain zusammen – eine Mischung aus ICE 2-Triebköpfen und TGV-Duplex-Mittelwagen. Der gescheiterte Highspeed Train Europe als gemeinsamer Nachfolger von TGV und ICE wird ebenfalls vorgestellt.
Zugelassene Höchstgeschwindigkeit: 330 km/h – Inbetriebnahme: 01.06.2000
Zum Sommerfahrplan 2002 ging die Neubaustrecke Frankfurt am Main – Köln in Betrieb. Aufgrund der großen Steigungen und einer anvisierten Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h mussten Züge mit geringen Achslasten und hohem Beschleunigungsvermögen bestellt werden. Beim ICE 3, der schon im Sommer 2000 anlässlich der EXPO in Hannover sein Debüt gab, sind die Hälfte aller Räder angetrieben und es gibt keine Triebköpfe mehr. Es stehen auch Mehrsystem-Züge für den Einsatz im Ausland zur Verfügung. Über Jahre hinweg bereiteten die Baureihen 403 und 406 jede Menge Probleme.
Rekord-Geschwindigkeit: 574.8 km/h – Baujahr (Fertigstellung): 2007
Am 3. April 2007 erreichte dieser Spezial-TGV auf der Neubaustrecke „Est“ sagenhafte 574,8 km/h – Weltrekord! Welch ein Triumph für den Hochtechnologiestandort Frankreich, für die Betreibergesellschaft SNCF und den Hersteller Alstom! Der TGV V150 setzte sich aus verschiedenen TGV-Elementen zusammen und war eine Mischung aus TGV-Est-Triebköpfen, TGV-Duplex-Mittelwagen und dem AGV-Antriebssystem im Wagen der Zugmitte. Daher konnte eine Antriebsleistung von rund 20 Megawatt aufgebracht werden – genug Kraft, um die 268 Tonnen Eigengewicht auf weit über 500 km/h zu katapultieren.
Zugelassene Höchstgeschwindigkeit: 320 km/h – Inbetriebnahme: 10.06.2007
Seit dem 10. Juni 2007 verbindet die neueste Generation von TGV-Zügen Frankreich mit Deutschland. Die meisten Einheiten bedienen die Route von Paris über Straßburg nach Stuttgart. Einmal am Tag fährt ein TGV weiter nach München. Einige TGV-POS-Züge sind mittlerweile auch auf dem Nordast von Paris nach Frankfurt am Main unterwegs.
Zugelassene Höchstgeschwindigkeit: 360 km/h – in Betrieb von: 05.02.2008 (Rollout in La Rochelle, Frankreich) bis August 2009
Der Automotrice Grande Vitesse ist ein Triebwagenzug mit über dem Zug verteiltem Antrieb. Alstom stellte zwei Prototypen her: den blauen AGV Elisa, der nur aus einem End- und einem Mittelwagen bestand sowie den silbernen, siebenteiligen AGV Pégase, der 2008 vorgestellt wurde und für 360 km/h ausgelegt war. Ein kommerzieller Erfolg war nur in Italien vergönnt, denn aus Kapazitätsgründen hat die französische Staatsbahn SNCF bisher Doppelstock-TGV-Züge bevorzugt.
Höchstgeschwindigkeit: 320 km/h – Inbetriebnahme: 11.12.2011
Bei den 320 km/h schnellen TGV-Euroduplex-Hochgeschwindigkeitszügen handelt es sich um 10-teilige Doppelstock-Garnituren mit zwei Triebköpfen und acht antriebslosen Mittelwagen. Insgesamt 134 Züge wurden seit 2007 vom französischen Bahnhersteller Alstom hergestellt. Sie sind für internationale Einsätze ausgerüstet und verbinden Frankreich mit dem benachbarten Ausland (Luxemburg, Deutschland, Schweiz). 14 Einheiten sind darüber hinaus für den Betrieb in Spanien geeignet und kommen dort unter dem Markennamen Ouigo zum Einsatz. Auch die Doppelstock-TGVs in Marokko zählen zu den Euroduplex-Zügen.
Zugelassene Höchstgeschwindigkeit: 320 km/h – Inbetriebnahme: 23.12.2013
Die Baureihe 407 ist eine Weiterentwicklung des ICE 3 der Serie 406. Siemens erhielt 2008 von der Deutschen Bahn den Auftrag, 15 Mehrsystemzüge herzustellen. Im Frühjahr 2011 wurde ein weiterer ICE nachbestellt. Ende 2011 sollten die ersten, bis zu 320 km/h schnellen, achtteiligen Hochgeschwindigkeitszüge auf internationalen Relationen in Betrieb gehen, doch es kam zu erheblichen Lieferverzögerungen. Als Entschädigung stellte Siemens auf eigene Kosten eine 17. Garnitur her. Erst Ende 2013 startete der kommerzielle Betrieb im Inland, ab Juni 2015 auch nach Paris.
Rekord-Geschwindigkeit: 390.7 km/h – Inbetriebnahme: 14.06.2015
Trenitalia unterzeichnete mit Bombardier und AnsaldoBreda einen Vertrag zur Lieferung von 50 Hochgeschwindigkeitszügen auf Basis der ZEFIRO-Plattform. Die ETR 400 sind für 400 km/h ausgelegt und damit die schnellsten Züge in Europa. Seit Juni 2015 verkehren sie als „Frecciarossa 1000“ vornehmlich auf den Schnellfahrstrecken zwischen Torino/Milano und Napoli / Salerno. 2019 wurden weitere 14 Züge bestellt. Im Dezember 2021 startete der Betrieb auf der internationalen Relation Paris – Lyon – Chambéry – Torino – Milano. 2020 erhielten die Hersteller den Zuschlag zum Bau weiterer 23 ETR 400 für den Hochgeschwindigkeitsverkehr in Spanien, der Ende 2022 unter dem Namen „iryo“ startete. Im November 2023 wurden weitere 30 Züge für den europaweiten Verkehr bestellt.
Zugelassene Höchstgeschwindigkeit: 320 km/h – Inbetriebnahme: 12/2015
Insgesamt 17 Hochgeschwindigkeitszüge hat der Betreiber „Eurostar International“ bisher bei Siemens bestellt. Die „Eurostar e320“ basieren auf der Velaro-Plattform und sind für den internationalen Verkehr bestimmt. Die Inbetriebnahme erfolgt sukzessive seit Ende 2015 auf den Relationen London – Amsterdam und London – Paris.
Zugelassene Höchstgeschwindigkeit: 350 km/h – Inbetriebnahme: 2024
2018 bestellte die französische Staatsbahn SNCF beim französischen TGV-Hersteller Alstom 100 Hochgeschwindigkeitszüge der vierten Generation. Die „TGV M“ genannten, 350 km/h schnellen Hochgeschwindigkeitszüge basieren auf der von Alstom entwickelten Avelia-Horizon-Plattform. Im Vergleich zum TGV Duplex sind die neuen Doppelstock-Garnituren sowohl in der Anschaffung als auch im Betrieb günstiger. Zu den Olympischen Spielen 2024 in Paris sollten die ersten Einheiten in Betrieb gehen. Der Termin ist jedoch nicht zu halten gewesen. Nun soll der Fahrgastbetrieb 2025 aufgenommen werden.
Insgesamt 21 verschiedene Hochgeschwindigkeitszüge