Pendolino ETR 401 – Neigetechnik-Hochgeschwindigkeitszug in Italien
ETR 401 Pendolino – 26.06.1988 © Wikipedia: maurizio messa (CC BY-SA 2.0)
Die Geschichte des italienischen Pendolinos geht bis in die Fünfzigerjahre zurück, als sich mehrere Eisenbahnverwaltungen um eine Beschleunigung des Zugverkehrs auf wichtigen Hauptstrecken bemühten. Bestehende Bahntrassen zu begradigen oder gar neue Strecken zu bauen ist aufwendig und teuer. Daher wundert es nicht, dass die Idee Anklang fand, stattdessen die Züge schneller durch die Bögen fahren zu lassen. Sicherheitstechnisch wäre dies kein Problem gewesen, doch die auftretenden Fliehkräfte würden zu einem Komfortproblem bei den Fahrgästen werden.[2]
Versuchstriebwagen Y 0160
Italien hatte einen langen Atem, die Idee auch in entsprechende Versuchsfahrzeuge umzusetzen. Der bei Fiat Ferroviaria hergestellte Triebwagen Y 0160 war das erste einsatzfähige Fahrzeug mit aktiver Neigetechnik, das zwischen 1970 und 1971 konstruiert wurde. Dank der ungewöhnlichen Art, mit der er sich durch Kurven bewegte, bekam er den Namen „Pèndolino“ verpasst, was „der kleine Pendelnde bzw. Schwankende“ bedeutet.[4] Zwischen 1971 und 1973 fanden ausgiebige Experimente statt und bei mehreren Testläufen wurden bis zu 250 km/h erreicht.[1]
ETR 401 – der Pendolino der ersten Generation
Die Erfolge mit dem Y 0160 führten zur Herstellung eines mehrgliedrigen Zuges – den ETR 400, der bald darauf zum ETR 401 umnummeriert wurde. Im Juni 1975 fand die Jungfernfahrt mit dem ersten Teil des ETR 401 auf der Strecke Turin – Trofarello statt. Das war möglich, weil ein Endwagen und ein Mittelwagen zusammen eine elektrische Einheit bildeten. Einen Monat später nahmen die Techniker die Neigetechnik unter die Lupe. Sie wurde feinjustiert und zwischen den beiden Wagen mit der Strecke abgestimmt. Sie bewehrte sich für die damaligen Verhältnisse hervorragend. Im April 1976 wurde der ETR 401 zu einer vierteiligen Einheit komplettiert.[2]
Der ETR 401 im regulären Verkehr
Später konnten sich auch die Fahrgäste von den Vorteilen der Pendolino-Neigetechnik überzeugen, denn das Fahrzeug wurde in den Fahrplan integriert. Damit war der ETR 401 der erste planmäßig eingesetzte Neigezug der Welt. 171 Sitzplätze der ersten Wagenklasse und eine Bar-Theke standen zur Verfügung. Wegen der geringen Sitzplatzkapazität konzentrierte sich sein Einsatzgebiet zuerst auf die Relation Rom – Ancona, mit engen Bögen entlang der Apenninen.[5] Anfangs waren noch relativ viele Auszeiten für Wartungsarbeiten und Reparaturen eingeplant worden. Nur ganze vier Fahrten pro Woche blieben für den kommerziellen Betrieb übrig. Doch im Laufe der darauf folgenden Jahre stieg seine Verfügbarkeit stetig und sein Einsatzgebiet erstreckte sich von Rom bis Rimini[2]
Italienische Hochgeschwindigkeitszüge im Inland und benachbarten Ausland
Deutschland testet den ETR 401
Der Erfolg des ETR 401 blieb auch im Ausland nicht unbemerkt. 1987 wurde der Ur-Pendolino nach Deutschland geholt. Wegen dem inkompatiblen Stromsystem mussten die Testfahrten auf der kurvenreichen Moselstrecke Koblenz – Trier – Dillingen mit deutschen Schubloks wie der Baureihe 120 und Baureihe 218 durchgeführt werden.[6]
Verbleib des Ur-Pendolinos
Bis ins Jahr 2000 hinein verrichtete der ETR 401 noch seinen Dienst, als Ersatz für kurzfristig nicht verfügbare Einheiten der Serienpendolini. Anschließend wurde er ausgemustert und soll nun im Bahnhofsbereich von Ancona abgestellt stehen.[5]
Zug- / Baureihenbezeichnung: | Pendolino Prototyp Y 0160 |
Einsatzland: | Italien |
Hersteller: | Fiat Ferroviaria Savigliano S.p.A. |
Anzahl der Züge: | 1 Zug |
Zugtyp: | Triebwagenzug |
Anzahl der Motorwagen: | 1 Motorwagen |
Baujahre: | 1970–1971 |
Spurweite: | 1435 mm |
Stromsystem(e): | 3 kV Gleichstrom |
Technisch zugelassene Höchstgeschwindigkeit: | 260 km/h |
Antriebsleistung des Zuges: | 644 kW |
Jakobsdrehgestelle: | Nein |
Neigetechnik: | Ja ( 9° ) |
Zug fährt auch in Traktion: | Nein |
Anzahl der Achsen / davon angetrieben: | 4 / 2 |
Achsformel: | (1A)’(A1)’ |
Länge / Breite / Höhe der Motorwagen: | 27.800 / 2774 / 3261 mm |
Achslast (maximal): | 10 t |
Leergewicht: | 39,5 t |
Ausrangiert: | 1975 |
Zug- / Baureihenbezeichnung: | Pendolino Serie ETR 400/401 |
Einsatzland: | Italien |
Hersteller: | Fiat Ferroviaria Savigliano S.p.A. |
Anzahl der Züge: | 1 Zug |
Zugtyp: | Triebwagenzug |
Anzahl der Mittelwagen: | 2 Mittelwagen |
Anzahl der Endwagen: | 2 Endwagen |
Anzahl der Sitzplätze 1. / 2. Klasse / Restaurant: | 171 / --- / --- |
Baujahre: | 1975–1976 |
Inbetriebnahme: | 1975 |
Spurweite: | 1435 mm |
Stromsystem(e): | 3 kV Gleichstrom |
Höchstgeschwindigkeit im Plandienst: | 250 km/h |
Antriebsleistung des Zuges: | 1.800 kW ( 8 x 225 ) |
Jakobsdrehgestelle: | Nein |
Neigetechnik: | Ja ( 10° ) |
Zug fährt auch in Traktion: | Nein |
Anzahl der Achsen / davon angetrieben: | 16 / 8 |
Achsformel: | (1A)’(A1)’+(1A)’(A1)’+(1A)’(A1)’+(1A)’(A1)’ |
Länge / Breite / Höhe der Mittelwagen: | 25.350 / 2750 / --- mm |
Länge / Breite / Höhe der Endwagen: | 27.450 / 2750 / --- mm |
Achslast (maximal): | 10.8 t |
Leergewicht: | 136 t |
Zuglänge: | 105,9 m |
Verbleib: | Bahnhofsgelände von Ancona |
Quellenangaben
- Konrad Koschinski, Michael Krolop: „Neigetechnik in Europa“, Eisenbahn Journal, Special-Ausgabe 4/2001, S. 18-21.
- Murray Hughes: „Die Hochgeschwindigkeitsstory – Eisenbahnen auf Rekordfahrten“, Alba Publikation AIF Teloeken GmbH + Co. KG, Düsseldorf, 1994; S. 36-37.
- Murray Hughes: „Die Hochgeschwindigkeitsstory – Eisenbahnen auf Rekordfahrten“, Alba Publikation AIF Teloeken GmbH + Co. KG, Düsseldorf, 1994; S. 119-125.
- „FIAT Y 0160“, Wikipedia, abgerufen am 26.04.2016.
- „FS ETR 401“, Wikipedia, abgerufen am 26.04.2016.
- „Vor 30 Jahren: Alle fünf Vorserienloks der BR 120 ausgeliefert – Teil 3 (m26B)“, Drehscheibe Online Foren, abgerufen am 26.04.2016.