ETR 500 (1. Generation) Hochgeschwindigkeitszug in Italien
ETR 500 Monotensione im Bahnhof von Mailand. – August 1999 © André Werske
Entwicklung des ETR 500
Italiens Eisenbahn ist vor allem durch die erfolgreichen Pendolino-Neigezüge weltberühmt geworden. Trotzdem wandte man sich dem Bau eines reinrassigen Hochgeschwindigkeitszuges ohne Neigetechnik zu. Die Entwicklung des ETR 500 begann 1983. Ziel war es, im Alltagsbetrieb eine Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h zu erreichen. Zuerst entstanden zwei Prototypen, der ETR X-500 und der ETR Y-500. Der ETR X-500 wurde im April 1988 fertiggestellt und bestand aus einem einzelnen Triebkopf und einem Wagen mit Messinstrumenten. Trotz des bis dato unzureichend entwickelten Signalsystems erreichte der Experimentalzug auf der Direttissima zwischen Arezzo und Orte 260 km/h. Ziel der Versuchsfahrten war die Untersuchung von angetriebenen und nichtmotorisierten Drehgestellen sowie die Optimierung der Stromentnahme und des Bremssystems. Der ETR Y-500 war zuerst nur als fünfteiliger Zug geplant, doch schließlich kamen zwei ganze Züge mit je zwei Triebköpfen und zehn Mittelwagen aus den Werkshallen gefahren. Mit dem ETR Y-500 wurden alle anderen Tests durchgeführt, deren Ergebnisse in den Bau der Serienzüge einflossen. Im Jahre 1990 entschied sich die FS für die Beschaffung von 30 Serienzügen.
Technik des ETR 500
Ein 37,9 Milliarden Lire (19,6 Mio. Euro) teurer Serien-ETR 500 besteht aus zwei Triebköpfen, zwischen denen sich elf Mittelwagen befinden. Vier Wagen sind der ersten Klasse zugeordnet, sechs Wagen der zweiten Klasse. Zwischen diesen Wagenklassen reiht sich der Speisewagen ein. Die Innenausstattung musste kostengünstiger als in den Prototypen ausgeführt werden, natürlich zu Lasten des Komforts. Die Nasenform bestimmte der italienische Designer Sergio Pininfarina, der Sohn des Sportwagen-Designers Battista Farina und gab dem ETR 500 sein im Vergleich zu anderen Hochgeschwindigkeitszügen ungewöhnliches Design. In den Triebköpfen sorgen Asynchronmotoren mit einer Leistung von 4400 kW pro Triebkopf für den Antrieb. Die ETR 500 - Garnituren können nur unter 3 kV Gleichstrom fahren. Die Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h ist jedoch bei einer Oberleitungsspannung von lediglich 3000 Volt nur durch einen enorm großen Stromfluss möglich. Dementsprechend sind auch die ersten, noch mit 3 kV elektrifizierten Direttissimas nur mit 250 km/h befahrbar. Als Oberleitungsspannung für die künftigen Neubaustrecken entschied man sich für nunmehr 25 kV 50 Hz. Das hat natürlich einschneidende Konsequenzen für das rollende Material. Die Züge müssen mit zwei verschiedenen Stromsystemen zurechtkommen können. Ein Umbau der ETR 500 kam wohl aus technischen und finanziellen Gründen nicht in Frage. 1996 gab man daher 30 Einheiten eines Mehrsystem-ETR 500 in Auftrag.
ETR 500 im Plandienst
Die 30 zwischen 1992 und 1999 hergestellten ETR 500 gehörten wie die Pendolini zur „Eurostar Italia“-Flotte. Das Einsatzgebiet der grün-weiß-rot lackierten oder mit Ganzwerbung versehenen Einsystemzüge umfasste die Strecken Chiusi – Milano, Firenze – Napoli, Milano – Roma, Milano – Napoli, Bologna – Roma, Milano – Salerno, Milano – Venezia und Venezia – Roma. Die italienische Staatsbahn Trenitalia beschaffte danach Mehrsystem-Hochgeschwindigkeitszüge der Bauart „ETR 500 Politensione“, um neueren Schnellfahrstrecken mit 25 kV 50 Hz Wechselspannung befahren zu können. Bis Ende 2008 wurden alle 60 Triebköpfe der Einsystem-ETR 500 (Baureihenbezeichnung E 404.100 bis 159) mit konventionellen Reisezugwagen verbunden. Dadurch entstanden 30 Intercity-Wendezüge mit 10 bis 14 Mittelwagen für eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h. Um die notwendigen Änderungen der Mechanik und Elektronik kümmerten sich Bombardier und Trenitalia in Foligno. Die freiwerdenden Hochgeschwindigkeits-Mittelwagen des ETR 500 wurden mit Mehrsystem-Triebköpfen bestückt. Die ETR 500 Monotensione bilden seitdem zusammen mit anderen Baureihen die Produktkategorie „Frecciabianca“ (Weißer Pfeil).
Italienische Hochgeschwindigkeitszüge im Inland und benachbarten Ausland
Brandanschlag auf einen ETR 500
Ein Unbekannter hat Mitte Juni 2001 einen Brandanschlag verübt. Als der Zug gerade die norditalienische Stadt Modena verließ, entzündete der etwa 30 Jahre alte Attentäter einen Molotow-Cocktail, der in Sekunden Vorhänge und Sitzbezüge in zwei von elf Waggons in Brand setzte. Wie durch ein Wunder kam es nicht zu einer Katastrophe. Ein Fahrgast zog rechtzeitig die Handbremse und hob die Türblockaden auf. Zwei junge Frauen erlitten Rauchvergiftungen.
Beinahe-Unfall wegen Unterspülung
Ende Oktober 2005 sorgten starke Regenfälle für eine Unterspülung der Gleise. Es wurde sogar ein Teil des Bahndammes von den Wassermassen weggerissen. Der Zug kam trotz Notbremsung erst zum Stehen, als nahezu der gesamte Zug das freihängende Gleis passiert hatte. Berücksichtigt man den Linksverkehr italienischer Züge und sieht sich den komplett entgleisten Zug an, muss es tatsächlich so gewesen sein. Es grenzt an ein Wunder, dass die Schienen unter dem Gewicht des Zuges nicht gerissen sind und der Zug in den Abgrund stürzte.
Weitere Seiten zum ETR 500 auf dieser Website
Zug- / Baureihenbezeichnung: | ETR 500 (E 404.100 bis E 404.159) |
Einsatzland: | Italien |
Anzahl der Züge: | 30 Züge |
Zugtyp: | Triebzug |
Anzahl der Triebköpfe: | 2 Triebköpfe |
Anzahl der Mittelwagen: | 12 Mittelwagen |
Ursprüngliche Anzahl der Mittelwagen: | 11 Mittelwagen |
Anzahl der Sitzplätze 1. / 2. Klasse / Restaurant: | Ursprünglich: 182 / 408 / 30 (620 insg.)Heute: 195 / 467 / --- (662 insg.) |
Baujahre: | 1990–1995 |
Spurweite: | 1435 mm |
Stromsystem(e): | 3 kV Gleichstrom |
Technisch zugelassene Höchstgeschwindigkeit: | 300 km/h |
Höchstgeschwindigkeit im Plandienst: | 250 km/h |
Motoren: | Asynchronmotoren |
Antriebsleistung des Zuges: | 8.800 kW |
Anfahrzugkraft: | 400 kN |
Jakobsdrehgestelle: | Nein |
Neigetechnik: | Nein |
Zug fährt auch in Traktion: | Nein |
Anzahl der Achsen / davon angetrieben: | 56 / 8 |
Achsformel: | Bo'Bo'+2'2'+2'2'+2'2'+2'2'+2'2'+2'2'+2'2'+2'2'+ +2'2'+2'2'+2'2'+2'2'+Bo'Bo' |
Federung: | Luftfederung |
Leergewicht: | 598 t (ursprünglich) 642 t (nach dem Umbau) |
Zuglänge: | 327,6 m |