Shinkansen-Versuchszug Fastech 360 S in Japan
Shinkansen E954 (Fastech 360S) im Bahnhof Sendai. – 24.02.2009 © Wikipedia: Jet-0 (CC BY-SA 3.0)
Die neuesten Shinkansen-Hochgeschwindigkeitszüge von JR West und JR Central erreichen im Plandienst Geschwindigkeiten von 275 km/h bis 300 km/h. JR East dagegen lässt ihre Züge jedoch nur mit 240 km/h verkehren. Für die nächste Shinkansen-Generation sind deutlich höhere Betriebsgeschwindigkeiten geplant. Bevor allerdings die Serienzüge hergestellt werden, ist es üblich, mit Testfahrzeugen die nötigen Erfahrungen zu sammeln, um gravierende Mängel in der Serienfertigung auszuschließen.
Im Juni 2005 präsentierte JR-East (East Japan Railway Company) der Öffentlichkeit einen neuartigen Versuchszug mit der Baureihenbezeichnung E954 und dem Namen „Fastech 360“. Wie der Name vermuten lässt, war der Experimentalzug für eine Designgeschwindigkeit von 360 km/h konzipiert, sollte aber nicht nur schnell, sondern vor allem auch leise, leicht und komfortabel sein.
Technik
Wer den Zug zum ersten Mal sieht, dem wird wahrscheinlich zuerst das ungewöhnliche Aussehen des Zuges auffallen. Wie bei japanischen Versuchszügen üblich, waren die Enden des Zuges unterschiedlich gestaltet. Welche Kopfform für die Serienzüge infrage kam, stellte sich im Laufe der Tests heraus. Rund 16 Meter des 27,5 Meter langen Endwagens entfielen auf die aerodynamischen Nasen. Endwagen E954-1 sah noch relativ konventionell aus, der Endwagen E954-8 erinnerte jedoch eher an ein U-Boot als an einen Zug. Beide Varianten entstanden am Computer. Die wichtigsten Bedingungen waren eine gute Schienenlage des Zuges und eine Minimierung der lauten Mikro-Schockwellen (sonic boom), die bei Tunneleinfahrten entstehen. Weitere lärmmindernde Maßnahmen waren die komplette Verschalung der Wagenübergänge ähnlich dem ICE-V und die bis über die Räder reichende Seitenverkleidung aus geräuschdämmenden Materialien. Entlang der Strecke stellte man Betonwände aus schallschluckenden Baustoffen auf, die bis zur Fensterunterkante der Züge reichten.
Eine weitere wichtige Komponente am Zug, die es zu optimieren galt, war der Stromabnehmer. Auf dem Dach des Fastech 360 S sind zwei Pantographen mit neu konstruierten Schleifstücken installiert. Im Zusammenspiel mit einer neu entwickelten Oberleitung sollte der kontinuierliche Stromfluss verbessert werden. Windleitbleche – auch Anströmkeile genannt – reduzierten Luftverwirbelungen im Bereich des Stromabnehmers.
Ähnlich der Baureihe 700N spendierten die Hersteller dem Zug eine einfache Art der Neigetechnik. Durch Umverteilung der Luft in den Federungen der Drehgestelle war der Fastech in der Lage, sich in den Kurven um bis zu zwei Grad zu neigen. Hervorhebenswert ist das geringe Gewicht des Sprinters. Trotz aller Finessen in Sachen Lärmreduktion und Geschwindigkeitssteigerung war er ein Leichtgewicht unter den Hochgeschwindigkeitszügen. Die maximale Achslast lag bei lediglich 12,5 Tonnen! Bei einer installierten Antriebsleistung von 8580 kW, die durch drei unterschiedliche Motorarten aufgebracht wurden, und einem Gesamtgewicht von 390 Tonnen ergab sich ein sehr gutes Beschleunigungsvermögen. Um im Gefahrenfalle (bei Erdbeben beispielsweise) sehr schnell aus 360 km/h zum Stehen zu kommen, konnten Bremsklappen ausgefahren werden. Diese gelben aerodynamischen Bremsen waren ein Novum für Schienenfahrzeuge und erinnerten an Mickey-Mouse-Ohren.
Inneneinrichtung und Komfort
Die Fahrgäste in den zukünftigen Shinkansen-Zügen würden von den Maßnahmen zur Erfüllung der japanischen Lärmschutzbestimmungen ebenfalls profitieren. Der Wagenkastenboden aus geräuschdämmenden Materialien wäre elastisch verbaut. Vibrationen, die über die Fahrgestelle auf den Wagenkasten übergreifen, verpuffen damit innerhalb der doppelten Wagenhülle nahezu komplett. Mehrfach-Schichtfenster und der verschalte Wagenübergang sind weitere positive Komfortfaktoren. Im Fastech 360 sollten 520 Sitzplätze potentiellen Reisenden zur Verfügung stehen.
Versuchsfahrten
Die Fahrversuche starteten am 25. Juni 2005 und wurden während der nächtlichen Betriebspausen durchgeführt. Bereits am 3. August kratzte der Zug mit 398 km/h an der Vierhunderter-Marke. Bis 2008 lief das Testprogramm, wobei bereits ein zweiter Experimentalzug, der Fastech 360 Z der Baureihe 955 bereits kurz vor der Auslieferung stand.
Zug- / Baureihenbezeichnung: | Fastech 360 S(hinkansen), Serie E954 |
Einsatzland: | Japan |
Hersteller: | Kawasaki Heavy Industries Hitachi |
Anzahl der Züge: | 1 Zug |
Zugtyp: | Triebwagenzug |
Anzahl der Mittelwagen: | 4 Mittelwagen |
Anzahl der Endwagen: | 2 Endwagen |
Inbetriebnahme: | 2005 |
Spurweite: | 1435 mm |
Stromsystem(e): | 25 kV / 50 Hz |
Zugleitsystem(e): | ATC-2 DS-ATC |
Höchstgeschwindigkeit bei Versuchsfahrten: | 398 km/h am 03.08.2005 auf der Strecke JR East |
Technisch zugelassene Höchstgeschwindigkeit: | 405 km/h 360 km/h für Serienfahrzeuge |
Motoren: | 24 Fahrmotoren |
Antriebsleistung des Zuges: | 8.580 kW |
Bremssysteme: | Motorenbremsen Scheibenbremsen Notfallluftbremse |
Neigetechnik: | Ja ( 2°, durch Regelung des Luftdrucks in den Luftbälgen der Sekundärfederung° ) |
Zug fährt auch in Traktion: | Ja |
Anzahl der Achsen / davon angetrieben: | 20 / 12 |
Achsformel: | 2'2' + 6 x Bo'Bo' + 2'2' |
Federung: | Luftfederung |
Länge / Breite / Höhe der Mittelwagen: | 25.000 / 3380 / 3650 mm |
Länge / Breite / Höhe der Endwagen: | 27.000 / 3380 / 3650 mm |
Achslast (maximal): | 12.5 t |
Leergewicht: | 390 t |
Zuglänge: | 205 m |
Ausrangiert: | 09.2009 |
Verbleib: | verschrottet |
Zug- / Baureihenbezeichnung: | Fastech 360 Z(airai-Sen), Serie E955 |
Einsatzland: | Japan |
Hersteller: | Kawasaki Heavy Industries Hitachi |
Anzahl der Züge: | 1 Zug |
Zugtyp: | Triebwagenzug |
Anzahl der Mittelwagen: | 4 Mittelwagen |
Anzahl der Endwagen: | 2 Endwagen |
Inbetriebnahme: | 2006 |
Spurweite: | 1435 mm |
Stromsystem(e): | 25 kV / 50 Hz 20 kV / 50 Hz |
Zugleitsystem(e): | ATC-2 DS-ATC ATS-P |
Technisch zugelassene Höchstgeschwindigkeit: | 360 km/h |
Motoren: | 20 Fahrmotoren |
Antriebsleistung des Zuges: | 7.250 kW |
Bremssysteme: | Motorenbremsen Scheibenbremsen Notfallluftbremse |
Neigetechnik: | Ja ( 2°, durch Regelung des Luftdrucks in den Luftbälgen der Sekundärfederung° ) |
Zug fährt auch in Traktion: | Ja |
Achsformel: | 2'Bo' + 4 x Bo'Bo' + Bo'2' |
Federung: | Luftfederung |
Länge / Breite / Höhe der Mittelwagen: | 2.150 / 2900 / 3650 mm |
Länge / Breite / Höhe der Endwagen: | 24.000 / 2900 / 3650 mm |
Zuglänge: | 134 m |
Ausrangiert: | 12/2008 |